Den letzten Hopfen muss eine schöne Frau zugeben

7.6.2012, 07:00 Uhr
Den letzten Hopfen muss eine schöne Frau zugeben

© Matthias Oberth

„In Deutschland gibt es über 5.000 Biersorten, braucht es da noch eine Neue?“, auf diese eher rhetorisch gemeinte Frage gibt sich der Vorsitzende des Bayerischen Brauerbundes, Friedrich Düll, gleich selbst die Antwort. „Natürlich“, sei dieses Bier eine Notwendigkeit, denn das Bierland Franken ist nicht nur stolz auf seine Brauereidichte, sondern auch auf die Vielfalt der angebotenen Biersorten. Die Symbiose von historischem Brauwesen und modernem Marketing macht darüber hinaus das neue Bier zu einer Besonderheit in der Szene der Klein- und Hausbrauereien, die derzeit eine Renaissance erfährt.

Ein wichtiges Ziel des vor 30 Jahren eröffneten Freilandmuseums in Bad Windsheim war unter anderem der Erhalt von alten Handwerkstechniken. Da durfte das Brauwesen keinesfalls fehlen. Doch es sollte geraume Zeit dauern, bis auf dem Gelände Braustätten errichtet wurden — dann allerdings gleich zwei.

Weltweite Seltenheit

Das Brauhaus aus Kraisdorf stammt aus dem Jahr 1699 und gilt als eines der ältesten noch funktionstüchtigen Braustätten weltweit. Hier wird normalerweise noch einmal im Jahr der Sudkessel angeschürt und mit schweißtreibender Handarbeit das Bier eingebraut. Wenige Schritte davon entfernt findet sich das Kommunbrauhaus aus Schlüsselfeld, dem, nachdem es am Originalstandort abgetragen und im Museum wieder aufgebaut wurde, erst 1996 neues Leben eingehaucht wurde. Ähnlich erging es dem Gebäude aus Kraisdorf.

Gerade am Schlüsselfelder Kommunbrauhaus lässt sich das Auf und Ab der kleinen Brauereien in den letzten 170 Jahren ganz gut ablesen. Um 1850 gebaut, wollte die Gemeinde Schlüsselfeld sein Kommunbrauhaus schon bald wieder loswerden, da die Kosten für den Unterhalt in keiner Weise durch das Sudgeld der Brauberechtigten eingespielt wurden.

Es dauerte aber fast 50 Jahre, bis sich schließlich drei dieser Brauberechtigten zusammenschlossen, um die Brauerei in eigener Regie zu führen. Das Aus für den Betrieb kam 1970, einer Zeit, in der das Brauereisterben nicht nur in Franken in vollem Gange war. 1988 trugen Mitarbeiter des Freilandmuseums das Gebäude ab. Es sollte allerdings weitere acht Jahre dauern, bis der Wiederaufbau erfolgte.

Ein „Liebhaber-Produkt“

Seitdem wird an dieser Stelle wieder regelmäßig gebraut, wenngleich auch im bescheidenen Umfang. Das „Freilandmuseum Dunkel“ mundete vornehmlich den Gästen im benachbarten Wirtshaus, der Sud für die Flaschenbier-Produktion stammte nicht aus dem Freilandmuseum. Umso wichtiger ist es dem Chef der Bad Windsheimer Bürgerbräu, Jürgen Strauß, und dem Geschäftsführer der Tucher-Bräu, Fred Höfler, die Entstehungsgeschichte und den Vertriebsweg des „Bad Windsheimer Freilandmuseums Zwickel“ offenzulegen.

„Wir brauen ausschließlich im Kommunbrauhaus, lagern in der Bad Windsheimer Bürgerbräu ein und füllen bei der Brauerei Rittmayer in Hallerndorf ab“, erzählt Fred Höfler freimütig. Seit über zehn Jahren sind die Tucher-Bräu und Jürgen Strauß partnerschaftlich verbunden, nun ist daraus ein „Liebhaber-Produkt“ entstanden, wie Höfler sagt.

Denn billig wird die neue Biersorte nicht zu erwerben sein. „Echtes Handwerk hat seinen Preis“, lautet das Credo des Tucher-Chefs. Ein Kasten Bier, der unter zehn Euro kostet, sei eigentlich nicht vertretbar, sagte Höfler und liefert so einen Seitenhieb auf das Billigbier der Discounter.

Das aufwendige, weil in viel Handarbeit betriebene Bierbrauen in Bad Windsheim und die Abfüllung in Bügelflaschen lässt den Kasten „Bad Windsheimer Freilandmuseum Zwickel“ wohl für 16 bis 18 Euro in den Handel kommen, schätzt Höfler. Die Tucher-Bräu sorgt dabei auch für den deutschlandweiten Vertrieb.

So wird die Bier-Spezialität beispielsweise in Berlin erhältlich sein. Dies sei ein nicht zu unterschätzender Werbefaktor für die Kurstadt und das Fränkische Freilandmuseum, sagen die Kommunalpolitiker unisono.

Braumeister Siegfried Brückler, der zukünftig bis zu dreimal in der Woche rund 25 Hektoliter Brausud ansetzen wird, bleibt ob der ganzen Aufgeregtheit um das „Bad Windsheimer Freilandmuseum Zwickel“ entspannt. Wichtig für ihn ist, dass die letzte Hopfengabe von einer hübschen Frau vorgenommen wird, denn „nur dann ist sichergestellt, dass das Gebräu was wird“, sagt Brückler überzeugt.

Das die Wahl an diesem Abend auf Julia Strauß, die Tochter des Bürgerbräu-Chefs fiel, fand augenscheinlich sein Wohlwollen, und schon in wenigen Wochen wird sich schluckweise überprüfen lassen, ob Hopfen, Malz und Wasser eine gelungene Verbindung eingegangen sind.

In unserem Brauereiguide finden sich viele Infos rund um die Brauereien in Franken und der Oberpfalz sowie eine interaktive Brauereikarte.

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