Knusprig und nussig: Heuschrecken und Co. im "Australian"

11.10.2018, 11:15 Uhr
Knusprig und nussig: Heuschrecken und Co. im

© Michael Matejka

Die Augen ganz fest zukneifen. Schnell in den Mund damit. Und bloß nicht darüber nachdenken, dass man gerade eine gebratene Heuschrecke zwischen den Zähnen hat. "Wie schmeckt’s?", will Richi Karatai, Chef des Restaurants "Australian" am Obstmarkt, grinsend wissen. Ja, wie! Nicht schlecht. Nussig, knusprig, nach Olivenöl. Vielleicht ein bisschen fischig. "Das ist das Essen der Zukunft", meint Karatai, der bereits seit vier Jahren Heuschrecken und verschiedenes anderes Getier auf den Teller bringt – schön scharf in Olivenöl angebraten und mit Meersalz und Mühlenpfeffer abgeschmeckt. Oder im Speckmantel.

"Auch für mich war es erst einmal eine Überwindung", sagt der Wirt. "Aber wenn die Leute sich überwunden haben, bestellen sie die Heuschrecken gerne wieder!" Demnächst wolle er auch Burger mit Insekten ausprobieren. Und frittierte Mehlwürmer. Bekannt ist das Insektenessen durch die Ekel-Prüfungen im "Dschungelcamp" geworden. Auch die Gäste im "Australian" veranstalten regelrechte Mutproben. Und stellen ihre Fotos anschließend auf Instagram oder Facebook.

Fang den Hüpfer!

Die Hüpfer für das Gericht "Catch the Grashopper" bekommt Richard Karatai von einem Züchter in Bio-Qualität geliefert. Billig sind die Insekten nicht: "Für einen Beutel zahle ich 700 Euro!" Doch das sehr eiweißhaltige Getier gilt heute als das Essen von morgen. Essbare Insekten enthalten viele lebensnotwendige Nährstoffe wie ungesättigte Fettsäuren, Zink, Eisen und Vitamine, so die Experten. Über zwei Milliarden Menschen sollen sich täglich heute schon von Insekten ernähren, behaupten Befürworter. Es existieren weit mehr als 1400 essbare Arten. Grillen zeichnen sich durch ihren hohen Proteingehalt mit bis zu 70 Prozent aus, sie können daher als perfekte Nahrungsquelle für den Menschen dienen.

Knusprig und nussig: Heuschrecken und Co. im

© Michael Matejka

"Na ja", sagt Professor Alexander Dechêne, Chefarzt der Gastroenterologie am Nürnberger Klinikum, "da müssen Sie schon sehr viele Heuschrecken oder Mehlwürmer essen, um auf einen hohen Eiweißgehalt zu kommen." Dass sich Insekten auf den Tellern in den nächsten Jahren durchsetzen werden, bezweifelt der Arzt: "Den Grundekel vor Mehlwürmern oder Heuschrecken werden die wenigsten überwinden!" Passieren könne beim Verzehr nichts: "Man muss sie halt gut erhitzen oder frittieren, damit alle Giftstoffe abgetötet sind." Eines spricht für die Insektenzucht: Sie ist umweltfreundlicher als bei Rind oder Huhn, braucht deutlich weniger Platz und verursacht nur geringe Emissionen. Vor fünf Jahren hat Folke Dammann den Insektenversand "Snack Insect" gegründet. Bei ihm können sich Mutige mit Lutschern mit Wurm oder "Dschungelade", einer Schokolade mit gerösteten Mehlwürmern für schlappe 24,95 pro 100 Gramm, eindecken. Und auch die Gastronomie versorgt Dammann mit seinen Buffalowürmern oder Heuschrecken.

"Unsere Gäste würden derzeit nicht damit klarkommen, wenn ich Mehlwürmer verarbeiten würde", sagt Sterne-Koch Fabian Denninger ("Entenstuben"). Er selbst sei offen für alles: "Ich denke, dass Insekten in ein paar Jahrzehnten ganz normal auf dem Teller sind. Im Restaurant Noma in Kopenhagen stehen sie schon seit Jahren auf der Karte."

Wer selbst mal Heuschrecken oder Grillen und Mehlwürmer zu Hause der Familie kredenzen möchte, findet mittlerweile allerhand Kochbücher. Wie "Das Insekten Kochbuch" (Verlag Kosmos), das "Snack Insect"-Unternehmer Folke Dammann mit Nadine Kuhlenkamp herausgebracht hat. "Nicht schrecken, sondern schmecken lassen" ist ihr Credo. Zum Beispiel geröstete Buffalowürmer auf Wildkräuterbett. Vielleicht schmeckt das ja den Enkeln – in 50 Jahren.

Folke Dammann/Nadine Kuhlenkamp: "Das Insekten Kochbuch", Verlag Kosmos, 19,90 Euro. Insekten gibt es bei www.wickedcricket.de oder www.snackinsects.com.

Mehr Informationen über die "Australian Bar & Kitchen" in unserer Rubrik Essen und Trinken!

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