Der Filterkaffee ist zurück

17.9.2013, 00:00 Uhr
Der  Filterkaffee ist zurück

© dpa

Auf den Opa, der seine Plörre immer noch mit dem Filter zubereitete, wurde naserümpfend herabgeschaut. Hoffnungslos altmodisch verging er sich an der Kunst der Kaffeezubereitung!

Und jetzt? Jetzt soll die Filtermaschine plötzlich wieder zischen und gurgeln? Tropfenweise soll Wasser das Kaffeepulver in der Papiertüte durchdringen. Und das soll gar nicht uncool sein, sondern richtig gut schmecken! Tatsächlich werden in der angesagten Nürnberger Kaffeerösterei „Rösttrommel“ in der Äußeren Laufer Gasse Geräte feilgeboten, die Opas Filtermaschine erschreckend ähneln. Sie heißen z. B. „Moccamaster“, sehen edel aus, kosten ihren Teil. Und sie waren im Angebot, seit die „Rösttrommel“ vor drei Jahren eröffnete. Das sagt ihr Betreiber Michael Heyder.

Auch Rosemarie Bayer vom Kaffeehausladen in St. Johannis behauptet, die Filtermethode sei nie aus ihrem Blickfeld geraten. Am Tresen ihres Geschäftes mit Ausschank stehen tatsächlich einige Karlsbader Kannen. Das sind Kannen, die einen Aufsatz mit Porzellansieb für das Kaffeepulver tragen – eine klassische Filtermethode aus den großen Tagen der Wiener Kaffeehäuser. Für Rosemarie Bayer ist der Filterkaffee die nachhaltigste Methode der Zubereitung. „Auch Espresso und alle Methoden, die damit zusammenhängen, haben ihre Berechtigung. Aber ich brauche am Morgen mein Haferl und den Duft, der aus dem Filter steigt.“

Der  Filterkaffee ist zurück

© Horst Linke

Der bei uns bekannte und angeblich ins Abseits geratene Filter ist eine Erfindung der Dresdner Hausfrau Melitta Bentz aus dem Jahr 1908. Offensichtlich mochte Frau Bentz nicht mehr aus dem Kaffeesatz lesen, der beim Aufguss in Kanne und Tasse übrig blieb. Die von ihr entwickelte Tüte aus Löschpapier hielt die schmierigen Reste zurück. Moderne Propheten der Rückkehr des Filterkaffees wie Michael Heyder machen allerdings darauf aufmerksam, dass Papier nicht gleich Papier ist und dass man es in jedem Fall anfeuchten soll, bevor man das Pulver einfüllt.

Heyder führt einen Glasfilter der japanischen Firma Hario vor. Die Lamellen in dem konisch zusammen laufenden Trichter sind in Kurven gelegt. Sie regulieren ja den Wasserfluss und greifen auf die alte Weisheit der sogenannten Schwallmethode zurück. Sie empfahl dem Menschen, der vor der Erfindung der Tröpfelmaschine das Wasser per Kelle in den Filter gab, dies mit einer halbrunden Bewegung zu tun. Das würde das Aroma am besten entfalten. Die Firma Hario hat diesen Bogenfluss in ihr Produkt integriert.

Michael Heyder betont, dass für die Qualität eines Kaffees vor allem erstklassige Rohstoffe verantwortlich sind. Die Zubereitungsarten spielen nur die zweite Geige. Aber genau hier ist die deutsche Kaffeekultur in den letzten Jahren hemmungslos auseinandergedriftet. Einerseits verfeinerten kleine Röstereien das Aroma und propagierte der Hype der Automaten die mediterrane Geschmacksnote, andererseits laufen Menschen gern mit den geschmacksmordenden Pappbechern der „To go“-Unsitte herum oder lassen sich bei „Starbucks“ jede Kaffeenote mit irgendwelchen „Flavours“ übertönen.

Geschmacksache ist letztlich alles. Und Geschmacks-Tyrannei ist immer das Letzte. Sie wurde in jüngster Zeit allerdings vor allem von den Jüngern der Kaffeeautomaten ausgeübt. Wenn jetzt der Filterkaffee wiederentdeckt wird, muss man seine Akzeptanz ja nicht unbedingt mit Anglizismen wie „brewed coffee“ erkaufen. Man muss sie auch nicht unbedingt an absurde Rituale wie die präzise Bestimmung der zu filternden Menge durch Digitalwagen mit Timer (so in einem Münchner Café) knüpfen.

Was schmeckt, setzt sich durch, lautet ein alter Spruch. Der Filterkaffee schmeckt offensichtlich. Glaubt man den Fachleuten, war er nie verschwunden. Zieht man die eigenen Erfahrungen der letzten Jahre heran, wurde er doch sehr diskriminiert und als spießig verschrien. Nun feiert er eine Art Wiederauferstehung. Das dürfte nicht nur ein Retro-Trend sein. Das dürfte vielmehr Geschmacksgründe haben.

Mehr Informationen in unserer Rubrik Essen und Trinken!

Verwandte Themen


6 Kommentare