"Für die Gastronomie muss man brennen"

18.9.2014, 08:45 Uhr

© Eduard Weigert

Die Musik, die war einmal. „Ich stell mich heute auf keine Bühne mehr“, sagt Jens Teichmann, der eigentlich Hans heißt. Damals, Anfang der 70er Jahre, tourte der Besitzer des „Café Dampfnudel-Bäck“ mit seiner Band „Jens Teichmann Sextett“ durch Deutschland und träumte davon, einen eigenen Musikkeller zu eröffnen. Das musikalische Talent hat der heute 64-Jährige weder Sohn Tobias (37) noch Tochter Daniela (31) vererbt. „Dafür hat Tobias unser Gastronomen-Gen!“, sagt sein Vater. Seit 34 Jahren ist er mit seiner Helga (61) verheiratet. Aus dem Kindergarten in St. Johannis kennt sich das Ehepaar, „sie war die Allersüßeste“, sagt Teichmann und seine Frau lacht leise.

Die Gastronomie ist die Leidenschaft, das Feuer, für das die Familie brennt. Nur die Tochter hat einen anderen Weg eingeschlagen und arbeitet im Gesundheitswesen als Managerin. Aber beim Altstadtfest, das heute Abend eröffnet wird und auf dem auch die Teichmanns eine Hütte besitzen, da hilft Daniela gern aus.

Als Junge wohnte Jens Teichmann ganz in der Nähe seines heutigen Cafés in der Johannisstraße. Eine Eisdiele war das Lokal damals, das „Romano“, erinnert sich seine Frau. Und immer, wenn Teichmann an dem Café vorbeikam, dachte er: „Das will ich mal haben.“

Nicht mehr losgelassen

Schon während seines Studiums („am Konservatorium Schlagwerk und allerlei von Jura bis Philosophie in Erlangen“) brannte er für die Idee, eine Jazzkneipe zu eröffnen — und für Helga, die er nach Jahrzehnten wiedertraf und nicht mehr losließ. „Ich hatte ja keine Ahnung von Gastronomie“, sagt Jens Teichmann. Helga dagegen hatte Buchhaltung gelernt und jobbte als Bedienung.

Das Studium brach Teichmann schließlich ab und suchte nach einem Lokal an der Kaiserburg. Was er fand, war ein alter Keller, den er mietete und einige Jahre lang umbaute. 1976 eröffnete das Paar den „Schmelztiegel“, im November kam Sohn Tobias zur Welt.

„Ich war kein Vater, ich war ein Erzeuger“, sagt Teichmann heute schlicht und sein Sohn nickt leicht. Nein, viel gesehen habe er den Vater nicht. Der stand bis morgens um sechs Uhr in seinem „Schmelztiegel“, schlief bis mittags. Heute haben die Teichmanns sechs Enkel. „Ein besserer Großvater bin ich dennoch nicht. Leider“, sagt der Senior.

Seine Frau bewundert er für ihr Vertrauen in ihn und seinen Traum. „Es war wohl die Liebe, ohne jegliche Sicherheit dabeizubleiben“, sagt er. Unverheiratet, aber mit zwei Kindern, dazu der Mann entweder hinter dem Tresen oder mit seiner Band unterwegs. Nach Danielas Geburt heirateten die beiden an Jens’ Geburtstag, „damit ich mir das Datum besser merken kann“.

Der „Schmelztiegel“ wurde zum angesagten Musikkeller. „Wenn man so einen Job anfängt, dann weiß man nicht, was man sich auflädt“, sagt Teichmann nachdenklich. Aufgeopfert hätten sie sich, immer etwas Neues überlegt und nur aus dem Bauch heraus gehandelt. Seit zehn Jahren gibt der Gastronom nun sein Wissen als Coach weiter. „Heute kann man sich kaum mehr ohne Hilfe selbstständig machen“, meint er und hat ein Buch „Nutzen bieten — Nutzen ernten. Die Café-Dampfnudel-Bäck- Erfolgsstory“ geschrieben.

Ein leerstehendes Lokal in der Bergstraße, prädestiniert, um eine ganz neue Art von Café zu kreieren, sagt Helga Teichmann, wurde zum zweiten Standbein. Die laut Mann und Sohn „fantastische Köchin“ kam auf Dampfnudeln. Im August 1982 eröffnete das erste „Café Dampfnudel- Bäck“ und wurde sehr schnell zum beliebten Treffpunkt an der Burg. Bis 1985, als Kellnerin Ingrid hier ermordet wurde. „Wir haben gelitten und Jahre gebraucht, um uns davon zu erholen“, sagt das Ehepaar.

Als die Teichmanns per Zufall erfuhren, dass die frühere Eisdiele in der Johannisstraße, jenes Lokal, das Jens schon als Bub haben wollte, leer steht, griffen sie sofort zu und schlossen das Café an der Burg. 1992 konnte die Familie im neuen „Café DampfnudelBäck“ Eröffnung feiern. Die legendäre Spezialität gab und gibt es immer noch, hinzu kam eine richtige Speisekarte.

Sohn Tobias hatte schon in frühen Jahren Blut geleckt. Mit 15 Jahren machte er eine Lehre in einem Hotel in Bad Windsheim, zog dafür alleine aufs Land. „Das ist ein Zeichen echter Stärke, dass er diese Zeit durchgehalten hat. Hut ab!“, sagt der Vater stolz. Eigentlich wollte Tobias nie in den elterlichen Betrieb. Heute ist er darüber glücklich. „Es ist wie mein eigenes Restaurant, ich habe ihm meinen Stempel aufgedrückt“, sagt der vierfache Familienvater, der, anders als sein Vater, der Familie mehr Zeit einräumt. Die Eltern hätten ihn auch nie gedrängt. Unstimmigkeiten gab es natürlich: „Ich wollte Cappuccino mit geschäumter Milch anbieten, da haben mich alle für verrückt gehalten.“ Heute sind die Eltern froh um die „jungen Ideen“ des Juniors: „Wir hätten sonst den Anschluss verloren.“

Alles friedlich also? „Tobias kann nicht streiten“, sagt sein Vater. „Ich werde laut, er ist eingeschnappt und denkt nach.“ Mutter Helga ist schließlich der Katalysator und bringt Vater und Sohn wieder versöhnt an einen Tisch. Das Erfolgsrezept? „100-prozentiges Vertrauen, ein gemeinsames Ziel und nie gegeneinander arbeiten“, sagen die drei.

Enkel am Zapfhahn

Und in zehn Jahren? „Ich werde nicht golfen“, sagt Jens Teichmann drohend, „das hat Tobias mir schon einmal angeboten.“ Und seine Frau fügt hinzu: „Es wäre schon sehr schön, wenn die nächste Generation das Café übernehmen würde.“ Der achtjährige Enkel Mañolo fühle sich jedenfalls hinter dem Zapfhahn „sauwohl“.

Hier geht´s zum Pfannkuchen-Familienrezept.

Mehr Informationen über das Café Dampfnudel-Bäck in unserer Rubrik Essen und Trinken!

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