Wer ein Baby aufnimmt, soll mehr Geld bekommen

25.7.2018, 08:00 Uhr
Wer ein Baby aufnimmt, soll mehr Geld bekommen

© Stefan Hippel

Es ist eine erfüllende Aufgabe, aber eben auch ein Knochenjob. Kommt ein neues Kind in eine Familie der familiären Bereitschaftsbetreuung, stellt das erst einmal alles auf den Kopf. Säuglinge und Kleinkinder, die vom Jugendamt in Obhut genommen werden, weil ihre Eltern sie vernachlässigen, missbraucht oder geschlagen haben, bedürfen der ganzen Aufmerksamkeit. Damit sie Vertrauen fassen, sich öffnen und ihre Entwicklungsrückstände aufholen können. "Das ist das Schönste, wenn man sieht, wie ein Kind aufblüht in kurzer Zeit", sagte Irmgard Claußen unserer Zeitung vor einigen Monaten. Die Sozialpädagogin gehört mit ihrer Familie seit vielen Jahren zum festen Stamm der familiären Bereitschaftsbetreuung, auf den das Jugendamt im Notfall zurückgreifen kann.

76 Euro erhalten Familien wie die Claußens bisher am Tag für das erste Kind, um das sie sich rund um die Uhr kümmern. Ein Tagessatz, den viele Betreuer als zu gering ansehen. Auch Bernd Kamm, Leiter des Kinder- und Jugendnotdienstes der Stadt, hält die Vergütung für zu gering, zumal ihm die Pflegefamilien ausgehen, weil etliche ins Rentenalter kommen. Schon jetzt kann das Jugendamt nur auf 15 aktive Fachkräfte zurückgreifen, obwohl es eigentlich 25 bräuchte. Aktuell können also nur Säuglinge und Kinder bis zwei Jahre bei Familien mit Fach-Know-how untergebracht werden. Dreijährige müssen in der Kindernotwohnung versorgt werden – ohne Familienumfeld (wie berichtet).

Die Stadtratsfraktionen von Grünen, CSU und SPD machten dieses Problem in Anträgen zum Thema. Jetzt reagiert die Verwaltung. Die Tätigkeit der Bereitschaftsbetreuungskräfte müsse wieder attraktiv gestaltet werden, heißt es in der Vorlage des Jugendamts für den Jugendhilfeausschuss des Stadtrats. Dafür sollen die Tagessätze für die Betreuung der Kinder, die 2005 sogar reduziert worden sind und im Vergleich mit anderen Städten derzeit im Mittelfeld liegen, deutlich angehoben werden.

Statt 76 Euro sollen Familien ab 2019 dann 97 Euro erhalten für die Betreuung des ersten Kindes. Für ein Geschwisterkind sollen statt 51 Euro dann 75 Euro bezahlt werden, genauso wie für jedes weitere Kind. Zusätzlich zum Tagessatz sollen anteilig Kosten für die Alterssicherung und die Unfallversicherung in der tatsächlichen Höhe bezahlt werden. Außerdem will das Jugendamt eine Pauschale für Kontakte zum Kind nach der Betreuung in der Familie bezahlen. Auch Tage mit Rufbereitschaft sollen besser vergütet werden als bislang: Es soll statt 15,50 Euro 25 Euro geben.

Das Jugendamt kann sich außerdem vorstellen, dass neben Erzieherinnen und Erziehern und Sozialpädagogen künftig auch Personen, die zum Beispiel eine Ausbildung als Kinderkrankenpfleger haben, die Akut-Betreuung von Kleinkindern in ihrer Familie übernehmen könnten.

Die Stadt Nürnberg setzt bei der Betreuung von Null- bis Dreijährigen, die in Obhut genommen werden, bislang auf die Betreuung in Familien mit fachlichem Know-how, also auf Familien, in denen ein Elternteil Erzieherin oder Sozialpädagoge ist. Familiäre Bereitschaftsbetreuung nennt sich das Konzept. Es ist nicht wie Vollzeitpflege auf Dauer angelegt, sondern eine Maßnahme der Krisenintervention, wenn Kinder vom Jugendamt in Obhut genommen werden müssen, weil sie in Gefahr sind.

Der Jugendhilfeausschuss stimmt in seiner nächsten Sitzung am Donnerstag über die Vorschläge ab.

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