Fakten werden mit viel Fantasie angereichert

20.12.2011, 14:58 Uhr
Fakten werden mit viel Fantasie angereichert

© Hagen Gerullis

Die Idee, innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums einen komplizierten Sachverhalt so zu erzählen, dass es auch ein Publikum mit wenigen Vorkenntnissen versteht, bekam mit dem Sieg beim ersten Science-Slam 2010 in Nürnberg noch zusätzlich Aufschwung. Dort beschäftigte sie sich mit den Erkenntnissen von Johannes Kepler. Um seine Forschertätigkeit anschaulich darzustellen, hatte Chriska Wagner ein Stück von etwa zehn Minuten Länge erfunden.

Die Entdeckung Amerikas und die Suche nach Rhabarber

Aktuell beschäftigt sie sich mit einer Inszenierung über Christoph Kolumbus und die Entdeckung Amerikas. Zunächst sichtet sie dafür die Standardwerke zum Thema und sucht sich spannende Details aus. Dabei entsteht die Grundstruktur ihrer Erzählung, die im 15. Jahrhundert spielt. „Isabella von Kastilien verlangte nach Rhabarber, und Kolumbus soll ihn ihr von der nächsten Entdeckungstour mitbringen“, skizziert sie den roten Faden ihrer Geschichte.

Das Gemüse war zu Kolumbus’ Zeiten sehr gefragt. Das sei verbürgt, erklärt die Theaterpädagogin. Doch von den Wünschen der spanischen Adeligen ist nichts dokumentiert. So viel dichterische Freiheit sei auf jeden Fall erlaubt, fügt sie hinzu.

Fakten werden mit viel Fantasie angereichert

Um nun ihr Stück anschaulich zu gestalten, hat sie verschiedene Stationen geschaffen, die der berühmte Seefahrer auf dem Weg nach Amerika durchlaufen musste. Die passenden Utensilien zum Illustrieren der Handlung finden sich übrigens zum Teil in der großzügigen Wohnung in der Nordstadt. Eine Backform und Gewürze reichen etwa, um die Atmosphäre mit exotischen Gerüchen zu verdichten.

Fakten werden mit viel Fantasie angereichert

Ein Großteil ihrer Zeit verbringt die Erzählerin damit, wissenschaftliche Vorgänge, die schwer verständlich sind, in eine darstellbare Form zu bringen. Dafür bastelt die 35-Jährige schon mal drei Schiffe und malt die groben Umrisse von Landkarten und See-Ungeheuer auf Papier. Dabei wurde ihre Begeisterung für die Naturwissenschaften keinesfalls schon in der Schule geweckt, verrät die junge Frau. „Im Physikunterricht habe ich mich gelangweilt“, gesteht sie. Chriska Wagner steigt erst ein, wenn sie einen konkreten Zugang zum Thema gefunden hat, wie im Fall von Kolumbus und dem Rhabarber.

Bei ihrer kreativen Tätigkeit, die sie im Moment noch neben ihrem Büroberuf verrichtet, streift sie die Grenze zwischen Kunst und Wissenschaft. „Ich vermeide es, in einer Schublade zu landen“, sagt die Grenzgängerin. Sie verfremdet Wissen, um es dadurch leichter begreifbar zu machen. Dabei wandelt sie auf einem schmalen Grat. Denn sehr seriös wirken ihre Inszenierungen zunächst nicht. Sie sind mehr spielerisch angelegt und scheinen nur ganz entfernt etwas mit Wissenschaft zu tun zu haben. Darin liegt aber auch ihre Wirkung. Wagner ist es wichtig, dass die historischen Fakten stimmen. Schließlich möchte sie nicht nur unterhalten.

„Das Stück zu entwerfen und die entsprechenden Szenen zu schreiben, ist der geringste Teil meiner Arbeit“, betont sie. Das Studium der Quellen sei wesentlich zeitaufwendiger. Allerdings handelt es sich selten um Auftragsarbeiten. Häufig nimmt die Autorin erst nach Fertigstellung des Stücks Kontakt mit möglichen Interessenten auf – etwa Forschungsgesellschaften oder Pädagogikprojekte.

Natürlich hofft Chriska Wagner, dass sich ihre Art der Wissenschaftsvermittlung noch weiter durchsetzen wird. „Mir ist aufgefallen, dass es nichts Vergleichbares im Großraum gibt“, berichtet sie. Das bestärkt sie in der Überzeugung, dass dieser Bereich noch lange nicht ausreichend etabliert sei. Sie hofft, dass dieses Gebiet vielleicht in Zukunft eine eigene Profession werden könnte.

Durch vermehrte Aktivitäten, Wissenschaft der Allgemeinheit zugänglich zu machen, wie durch die auch heuer wieder sehr gut besuchte „Lange Nacht der Wissenschaften“, verschiedene Lernzentren und Firmeninitiativen, sieht Chriska Wagner noch eine spannende Perspektive für ihre Sparte, nämlich das Wissenschafts-Theater.

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