Festival in Zirndorf als Nagelprobe für die Neuen

24.7.2015, 16:00 Uhr
Festival in Zirndorf als Nagelprobe für die Neuen

© Foto: Thomas Scherer

Sie leben seit 1993 in Zirndorf. Kennen Sie das Kulturfest in der früheren Fassung?

Giang: Ich war regelmäßig dort. Mir hat der Pep gefehlt, die Action, und es war mir zu folkloristisch. Wir verfolgen ein moderneres Konzept.

 

Wie sieht das aus?

Giang: Zeitgemäßer, dem entsprechend, was junge Migranten tatsächlich in ihrer Freizeit machen. Und wir wollen die Besucher nicht nur bespielen, sondern mitreißen, etwa über die Open-Air-Disco mit drei Bands und Tanz in die Nacht am Samstagabend. Wie gehabt, gibt es Kulinarik aus aller Herren Länder. Das organisieren wir aber auch etwas anders als früher.

 

Wieso?

Giang: Es wurde immer Wert darauf gelegt, dass die teilnehmenden Vereine auch für die Verköstigung sorgen. Doch da hätten wir uns schwer getan, jemanden zu finden, weil das die Gruppen personell nicht mehr leisten können. Deshalb haben wir eine Sondergenehmigung der Stadt erwirkt, die sieben Buden im Park auch an professionelle Gastronomen zu vermieten. So gibt es jetzt auch türkische Küche für Vegetarier oder Schaschlik im russischen Original.

Was erwartet Besucher darüber hinaus an den zwei Tagen?

Giang: Natürlich wird Tanz und Musik unterschiedlichster Kulturen gezeigt. Zwei Kampfschulen kommen mit drei Weltmeistern. Und es gibt ein Nationendorf, in dem verschiedene Gruppen landestypisches Handwerk zeigen, wie das Weben thailändischer Seidentücher oder die in der Türkei weit verbreitete Ebru-Malerei. Am Samstagabend gegen 18 Uhr machen wir eine Versteigerung zugunsten der Asylgruppe St. Rochus, bei der echte Schnäppchen locken, unter anderem ein Fußball mit den Unterschriften der Damen-National-Elf und ein T-Shirt mit den Namenszügen der SpVgg-Profis.

Sie wollten das Kulturfest schon vergangenes Jahr organisieren. Woran ist das gescheitert?

Giang: Wir waren, das muss ich einräumen, etwas mit der Selbstfindung beschäftigt. Die Zeit war einfach zu knapp. Man unterschätzt, welche Arbeit so ein Fest macht. Als Federführender bin ich seit Monaten in meiner Freizeit damit beschäftigt. Meine Frau steigt mir mitunter schon fast aufs Dach.

Das Integrationsfest war als Symbol des friedlichen Miteinanders verschiedenster Kulturen ein Aushängeschild der Bibertstadt. Sie dürften sich dessen bewusst sein, oder?

Giang: Wir stehen tatsächlich ziemlich unter Druck. Das Fest ist unsere Feuertaufe. Wir werden von vielen Seiten sehr genau beäugt. Aber die Feier ist auch seitens der Vereine sehr gefragt. Als der Termin stand, habe ich Mails von Gruppen bekommen, von denen ich noch nie gehört hatte, die alle mitmachen wollten. Migranten schätzen das Fest als Forum, sich von ihrer besten Seite zu zeigen.

 

Mit Ihrem Motto „Zirndorf ist bunt: Solidarität mit Flüchtlingen und Migranten“ werben Sie um Toleranz für die Menschen in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung (ZAE) in Zirndorf. Laut Satzung sind Sie für die Flüchtlinge nicht zuständig, aber Sie werden sie sicher nicht vom Feiern ausschließen?

Giang: Wir sind ein kommunales Gremium, die ZAE ist staatlich. Trotzdem haben wir die Asylsuchenden natürlich eingeladen. Sie gehören in Zirndorf dazu, sie sind präsent. Wir unterstützen die Asylgruppe St. Rochus, sammeln Sachspenden und begleiten die Übergangsklassen für Flüchtlingskinder an der Mittelschule. Jeden ersten und dritten Donnerstag im Monat, jeweils von 16 bis 18 Uhr, bieten wir eine Sprechstunde an, an die sich jeder wenden kann. Das bekommt nur keiner mit.

 

Die Flüchtlingsströme reißen nicht ab, wie ist die Stimmung gegenüber Asylsuchenden in Zirndorf aktuell?

Giang: Ich würde mal sagen, man hat sich mit der ZAE arrangiert. Natürlich jubelt keiner, dass sie hier angesiedelt ist und aktuell wieder aus allen Nähten platzt. Das Problem ist, dass negative Einzelfälle die unauffällige Masse überlagern. Wenn einige wenige am ZIM-Parkplatz herumhängen und die Zeit totschlagen, sind das schnell „die Asylanten“. An einer Frau, die Koffer schleppend hinter ihrem Mann vom Bahnhof aus durch die Stadt läuft, mag sich auch mancher stören. Aber das ist deren Kultur. Die Zeit, sich bei uns zu orientieren, muss man den Menschen lassen. Wir wollen mit unserem Event demonstrieren, dass es auch bestens integrierte Migranten gibt. Bei uns tanzen Frauen egal welcher Nationalität auf der Bühne und ihre Männer verkaufen an Buden Essen.

 

Während die Asylpolitik derzeit wieder sehr kontrovers diskutiert wird, kommt es immer wieder zu Brandanschlägen auf Asyl-Unterkünfte, beunruhigt Sie das nicht?

Giang: Wir werden Vorsorge treffen. Auch in Zirndorf hat es etwa in einem Internetportal vor gar nicht zu langer Zeit Ausländerhetze gegeben. An permanenter Security kommen wir nicht vorbei. Wir wollen zeigen, dass Zirndorf offen ist für Menschen anderer Nationalität und für fremde Kulturen. Und da möchte ich keine bösen Überraschungen erleben.

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