D-Day für den Diesel

13.2.2018, 16:23 Uhr
D-Day für den Diesel

© ACE/VRD-fotolia.com

Worüber entscheidet das Bundesverwaltungsgericht am 22. Februar?

Anders, als viele glauben, wird das Gericht nicht direkt Fahrverbote verhängen. Aber es entscheidet darüber, ob Kommunen künftig solche Einfahrtsbeschränkungen in ihre Luftreinhaltepläne aufnehmen dürfen bzw. sogar müssen, um die Grenzwerte für Stickoxide einzuhalten. Hintergrund sind Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen die Städte Düsseldorf und Stuttgart. Beide Kommunen wurden von den Verwaltungsgerichten dazu verpflichtet, ihren Luftreinhalteplan um Fahrverbote zu erweitern, da alle weiteren Maßnahmen nicht dazu geeignet seien, die Grenzwerte einzuhalten. Die Revision gegen diese Urteile steht nun in Leipzig an. Das Urteil wird auch Auswirkungen auf andere Kommunen haben.

Die DUH mit ihrem Geschäftsführer Jürgen Resch gilt als nicht unumstritten. Sie ist keinesfalls eine Behörde, sondern ein Verband mit nur rund 270 Mitgliedern, der sich über Abmahngebühren, aber auch Förderer und Spender - zu denen beispielsweise Toyota zählt - finanziert.

Welche Autos sind betroffen?

Zunächst einmal nur Diesel. Der Auto-Club Europa (ACE) zählt knapp sechs Millionen Diesel-Pkw der Schadstoffnorm Euro 5 auf, dazu ca. 3,5 Millionen Diesel nach Euro 4 und etwa 2,3 Millionen Diesel Euro 3 und älter. Euro-6-Diesel würden somit auch weiterhin in Sperrbezirke einfahren dürfen. Womöglich drohen aber auch diesen Selbstzündern noch Probleme, sofern sie "nur" Euro 6 und nicht die künftige, strengere Euro-6d-Norm erfüllen. Auch Benzindirekteinspritzer könnten aufgrund ihrer Partikelemissionen Schwierigkeiten bekommen.

Wie werden Fahrverbote kontrolliert?

Das ist im Augenblick noch die große Frage. Würden sie morgen verhängt, blieben nur stichpunktartige Kontrollen durch die Polizei. Kritiker befürchten, dass sich in diesem Fall Staus an den Einfallstraßen bilden könnten. Das probateste Mittel wäre die Blaue Plakette, die nur "saubere" Autos bekämen. Fahrzeuge ohne diese Plakette dürften dann nicht in die Sperrzonen einfahren. Allerdings muss über die Einführung einer blauen Plakette noch eine Entscheidung auf bundespolitischer Ebene getroffen werden.

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Wer verhängt die Fahrverbote?

Die Kommunen.

Welche Bereiche würden gesperrt?

Dies entscheiden die Kommunen individuell. Sie können bestimmte Zonen grundsätzlich sperren, aber auch gezielt besonders belastete Straßen. Zudem sind zeitlich begrenzte Fahrverbote denkbar, beispielsweise im Winter, zu bestimmten Wetterlagen oder während den Stoßzeiten des Berufsverkehrs.

Kann ich Fahrverbote mittels Umrüstung umgehen?

Das ist unterschiedlich. Bei Euro-5- und den teilweise betroffenen Euro-6-Dieseln kann ein Software-Update reichen. Besitzern sogenannter "Schummel-Diesel" wird es in der Regel vom Hersteller angeboten und sollte kostenfrei sein. Wer es nicht durchführen lässt, muss damit rechnen, dass ihm das Kraftfahrtbundesamt die Zulassung entzieht. Effektiver ist eine Hardware-Nachrüstung. "Technisch möglich ist sie ab Euro-Norm 4, teilweise sogar bei noch niedrigeren Emissionsklassen", heißt es beim ACE. Gemeint ist damit eine Umrüstung mit einem SCR-Katalysator. Dadurch können die Schadstoffwerte der Emissionsklasse 6 oder besser erreicht werden. Allerdings kommt die Maßnahme nicht für alle Fahrzeuge infrage. Und sie ist teuer, zu rechnen ist mit 1.500 bis 2.000 Euro, was sich durch eine Massenumrüstung jedoch reduzieren könnte. Wer die Kosten trägt, ist noch unklar. Nicht nur Automobilclubs fordern, dass auf die Halter von Fahrzeugen, die manipuliert worden sind, keine Ausgaben zukommen dürfen.

Wo finde ich die Schadstoffnorm meines Diesels?

Im Fahrzeugschein bzw. der Zulassungsbescheinigung Teil 1. Im besten Fall ist dort vermerkt, ob der Diesel ein reines Euro-6-Fahrzeug ist oder nach Euro 6b, 6c oder 6d eingestuft ist. "Ist dies nicht der Fall müssen Sie recherchieren", raten die ACE-Experten. Die Kombination aus Datum der Typengenehmigung/Erstzulassung (6) und Schadstoffklasse (14.1) gibt Aufschluss.

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© Hersteller

Soll ich noch einen Diesel kaufen?

Zumindest bei gebrauchten Selbstzündern ist Vorsicht geboten. Wer einen Euro-5-Diesel (oder schlechter) erwirbt, muss damit rechnen, dass hier keine Nachrüstlösung auf Euro 6 oder Euro 6 light (auch 5.5.) möglich ist und somit gegebenenfalls auch keine Blaue Plakette zugeteilt wird. Wer vor Zufahrtsbeschränkungen sicher sein will, sollte ein solches Fahrzeug besser nicht kaufen. Selbst Euro-6-Diesel der ersten Generation - also ohne SCR-Kat - sind keine sichere Option. Allerdings schafft hier in aller Regel ein Software-Update Abhilfe. Wirklich "safe" ist man derzeit nur mit einem Diesel, der nach Euro 6d Temp eingestuft ist.

Und was ist mit Benzinern?

Speziell Benzin-Direkteinspritzer könnten die nächsten sein, die ins Visier der Umweltverbände geraten. Als problematisch gilt hier der Partikelausstoß. Etliche neue Direkteinspritzer sind deshalb bereits mit einem OPF (Ottopartikelfilter) ausgestattet. Auch hier sollte man beim Kauf auf die Schadstoffnorm Euro 6d Temp achten. Der ADAC hat eine Positivliste der bereits oder bald erhältlichen Euro-6d-Fahrzeuge erstellt (siehe Fotos) und aktualisiert sie ständig (www.adac.de/infotestrat/umwelt-und-innovation/abgas/modelle_mit_euro_6d_temp).

Welche Alternativen gibt es noch?

Als Alternativen zum Diesel wären beispielsweise Hybride, Plug-in-Hybride, aber auch Erdgas- oder Flüssiggasautos und Elektromobile zu nennen.

ule

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