Dashcam-Aufnahmen: Als Beweismittel zulässig

15.5.2018, 23:15 Uhr
Dashcam-Aufnahmen: Als Beweismittel zulässig

© ampnet/Fotolia/Fotohansel/ADAC

Was ist eine Dashcam?

Bei einer Dashcam handelt es sich um eine kleine Kamera, die im Cockpit des Fahrzeugs montiert wird und die das Verkehrsgeschehen aus Sicht des Autofahrers aufzeichnet. Er kann dabei eine Zeitspanne definieren, nach der die Aufnahme überschrieben wird. Dies passiert auch, sobald die Kapazität des Speichermediums überschritten ist. Autofahrer erhoffen sich von dem Videomitschnitt die klare Dokumentation eines eventuellen Unfallhergangs. Es käme aber auch immer öfter vor, dass Autofahrer das Fehlverhalten anderer Verkehrsteilnehmer zur Anzeige brächten oder eventuelle Polizeikontrollen dokumentieren wollten, wissen Experten der ARAG-Versicherung zu berichten. Einfache Dashcams sind schon zu rund 50 Euro im Handel erhältlich.

Wo liegt die datenschutzrechtliche Problematik?

Wer Aufnahmen per Dashcam macht, gerät unter Umständen mit dem Bundesdatenschutzgesetz in Konflikt. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Videos an Dritte weitergegeben werden oder im Internet landen, etwa auf Youtube oder Facebook, denn in aller Regel erfolgt der Mitschnitt ohne die Einverständnis der betreffenden Personen. Aus diesem Grund kann auch die Weitergabe des Bildmaterials an die Polizei problematisch sein.

Wie wurde bislang geurteilt?

Bisher wurden Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel vor Gericht zumeist abgelehnt. Dabei spielten die erwähnten datenschutzrechtlichen Probleme eine entscheidende Rolle. Das Verwaltungsgericht Ansbach beispielsweise stellte fest, dass die Datenschutzinteressen des heimlich Gefilmten höher zu bewerten seien als das Interesse des Autofahrers an einem Videobeweis im Falle eines Unfalls (VG Ansbach, Az.: AN 4 K 13.01634).

Welchen Fall hat der BGH jetzt verhandelt?

Im aktuellen Fall ging es um den Unfall eines Autofahrers aus Sachsen-Anhalt. Seiner Darstellung zufolge war er unverschuldet in einen Crash verwickelt worden, weil ein anderes Fahrzeug beim Linksabbiegen auf seine Spur geraten war. Das Amtsgericht Magdeburg hatte ihm die Hälfte des Gesamtschadens als Schadensersatz zugesprochen. Damit wollte sich der Kläger jedoch nicht zufriedengeben, mit Verweis auf seine Dashcam-Aufnahmen forderte er weitere 1.330 Euro und damit vollen Schadensersatz. Sowohl die Richter des Amtsgerichts als auch des Landgerichts lehnten den Videoschnitt aber als unzulässiges Beweismittel ab. Daraufhin ging der Fall an den Bundesgerichtshof (BGH).

Was sagt der BGH?

Anders als in den Vorinstanzen wurden die Dashcam-Aufnahmen nun zu zulässigen Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess erklärt (BGH, Az.: VI ZR 233/17). Auch die Karlsruher Richter erklärten zwar, dass die Aufnahmen gegen das Datenschutzrecht verstießen. Im konkreten Fall sei dies aber als nachrangig zu bewerten, denn Unfallbeteiligte müssten ohnedies Angaben zu Person, Versicherung und Führerschein machen. Der Videomitschnitt sei zudem auf einer öffentlichen und für jeden einsehbaren Straße entstanden; wer am öffentlichen Straßenverkehr teilnehme, setze sich freiwillig der Wahrnehmung und Beobachtung durch andere Verkehrsteilnehmer aus. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass eine Beweisführung unter Mithilfe von Sachverständigen und Zeugen nicht möglich gewesen sei.

Ist jetzt also alles klar?

Nein. "Mit diesem Urteil gibt der BGH erstmals eine klare Richtung vor, wenn es um den Umgang mit Dashcam-Aufnahmen geht", sagt Rechtsanwältin Ellen Bähr von der Deutschen Anwaltshotline zwar. Doch die Karlsruher Richter haben - siehe oben - mit Verweis auf das Datenschutzgesetz auch festgestellt, dass das permanente (!) Filmen anderer Verkehrsteilnehmer weiterhin unzulässig bleibt und dass Verstöße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen mit hohen Geldbußen geahndet werden können. Allerdings bedeute ein derartiger Verstoß nicht automatisch, dass die Aufnahmen vor Gericht nicht verwertbar seien. Letztlich käme es auf die Interessensabwägung im Einzelfall an.

Was empfehlen Fachleute?

Der Auto Club Europa (ACE) rät zum Einsatz einer sogenannten "Crash-Cam". Sie zeichnet nur das Unfallgeschehen anlassbezogen während eines kurzen Zeitraums auf und überschreibt die Speicherkarte permanent, so dass keine Langzeitspeicherung der Aufnahmen erfolgt. Eine ähnliche Empfehlung kommt vom Automobil-Club Verkehr (ACV). Dessen verkehrspolitischer Sprecher Jürgen Koglin plädiert "für einen standardisierten Aufnahmemodus, der die Auslesbarkeit der Daten erst durch eine gerichtliche Anordnung ermöglicht sowie die Aufzeichnungen schnellstmöglich überschreibt und löscht".

ule

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