Nissan Leaf: Elektrisch - und auch alltagstauglich?

8.11.2018, 06:31 Uhr
Nissan Leaf: Elektrisch - und auch alltagstauglich?

© Hersteller

Wie er aussieht: Analog zum BMW i3 markiert der Nissan Leaf ein eigenes Konzept, er ist also kein Umbau eines konventionellen Modells wie beispielsweise der e-Golf. Als vollwertiger, fünftüriger und fünfsitziger Kompakter fährt der Japaner vor, mit 4,49 Metern Länge übertrifft er den Golf um 23 Zentimeter und nähert sich größentechnisch eher dem Touran an. Das kantige Design hat ein bisschen was von Toyota.

Wie er eingerichtet ist: Die Inneneinrichtung ist eher konservativ denn spacig cool geraten, optional gibt es Leder und Klavierlack und grundsätzlich ein paar Akzente in Blau, der auch anderswo etablierten Farbe der Elektromobilität. Gefreut hätten wir uns über komfortablere Sitze und eine besser zu justierende Sitzposition.

Wie viel Platz er hat: Das räumliche Angebot stimmt, von Platzmangel kann keine Rede sein. Im Fond finden drei Personen bequem Platz, wobei sich der mittlere Passagier - für ein Elektroauto eher untypisch - allerdings mit einem Mitteltunnel im Fußraum abfinden muss. Der Kofferraum schluckt 385 bis 435 Liter weg. Die mittransportierten Ladekabel wirken aber als Platzfresser, auch die hohe Ladekante stört.

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Was er leistet: Der Elektromotor entwickelt bis zu 110 kW/150 PS, das maximale Drehmoment liegt bei 320 Nm. Als Energielieferant dient eine Lithium-Ionen-Batterie mit 40 kWh.

Wie er sich fährt: Dank seines pfeilschnellen Spurtvermögens ist der Leaf beim Ampelstart der King. Über die Autobahn streamt er mit bis zu 144 Sachen. Was wiederum das Fahrverhalten betrifft, so gibt sich der Japaner unspektakulär. Dass die Lenkung etwas gefühllos wirkt - geschenkt, ebenso wie die Tatsache, dass die Fahrwerksabstimmung nicht mit Hinblick auf sportliche Unternehmungen erfolgt ist. Eher kommt es darauf an, dass Narben im Straßenbelag komfortabel ausgebügelt werden, diesen Anspruch erfüllt der Leaf sehr ordentlich.

Als gewöhnungsbedürftig fällt auf, dass der Automatik-Wählstick zum Einlegen der Rückwärts-Fahrstufe "R"nach vorne zu stupsen ist, für "D" hingegen nach hinten. Wer sich nicht konzentriert, landet rasch einen Rempler.

Wie weit er kommt: Anders als das Datenblatt verhieß uns die Reichweitenanzeige in der Praxis nie einen Aktionsradius von mehr als 300 Kilometern. Stattdessen belief sich das auf dem Display genannte Maximum auf 270 Kilometer. In der Stadt lässt sich dieses Reichweiten-Versprechen problemlos halten, erstens der dort gefahrenen niedrigen Geschwindigkeiten wegen und zweitens aufgrund der guten Voraussetzungen zum Rekuperieren, die sich beim Verzögern vor Ampeln oder Kreuzungen ergeben.

Hilfreiche Unterstützung leistet hier das per Tastendruck zu aktivierende "e-Pedal", mit dem sich der Leaf nur mit einem Pedal - dem "Gaspedal" - fahren lässt. Dabei wird die Motorbremse und damit die Rekuperationsleistung in einem Maße verstärkt, dass der Wagen zum Halten kommt, ohne dass dazu das Bremspedal bemüht werden muss. Es bedarf einer gewissen Eingewöhnungszeit, bis der Fahrer gelernt hat, den Wirkungsgrad richtig einzuschätzen, dann funktioniert die Sache aber ziemlich gut und ziemlich effektiv. Geschmeidig dosiertes Rangieren wird hingegen schwierig, hier empfiehlt es sich, das e-Pedal auszuschalten, sonst kann womöglich ein Malheur passieren.

Als weitere, aber nicht ganz so starke Rekuperationsstufe lässt sich "B" nutzen. Wird dieser Modus zusammen mit "Eco" betrieben, so tut dies der Reichweite tatsächlich gut, laut Display erhöht sie sich dann um 20 Kilometer. Weitere 10 Kilometer Plus lassen sich durch Ausschalten der Klimaanlage erzielen.

Nissan Leaf: Elektrisch - und auch alltagstauglich?

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Alles gut also in der City, tatsächlich "verbraucht" der Japaner im Stadtverkehr weniger Reichweite, als er Kilometer zurücklegt. Heißt beispielsweise: 30 Kilometer gefahren, aber nur 25 Kilometer Reichweite verloren. Über Land und vor allem auf der Autobahn offenbaren sich die eingeschränkten Möglichkeiten des Elektroantriebs schon eher. Jenseits von 100, 120 km/h geht es mit der Restreichweite rapide dahin. Die erwähnte Höchstgeschwindigkeit besitzt insofern nur theoretischen Charakter.

Was er verbraucht: Im Schnitt benötigte der Leaf 15,4 kWh Strom pro 100 km. Bei einem Strompreis von rund 30 Cent pro kWh ergeben sich also ca. 4,60 Euro. Zum Vergleich: Bei einem Golf 2.0 TDI wäre man mit etwa 6,80 dabei, bei einem Golf VII 1.5 TSI mit rund 7,50 Euro.

Wie er lädt: Der Basis-Leaf kann nur mit Typ-2-Stecker und maximal 3,6 kW laden, sprich an der Haushaltssteckdose, dort dauert es etwa 16 Stunden, bis die Batterie wieder voll aufgeladen ist. Der Ladeanschluss für Wechselstrom bis 6,6 kW und der CHAdeMo-Schnellladeanschluss für Gleichstrom bis 50 kW ist erst ab Acenta-Ausstattung serienmäßig. Mit CHAdeMo saugt sich der Akku binnen 40 Minuten zu 80 Prozent voll. Empfehlenswert ist die Anschaffung einer 22-kW-Wallbox (bei Nissan zu 1099 Euro), an der ein kompletter Ladevorgang acht Stunden in Anspruch nimmt.

Eine Suchfunktion nach Ladestationen hat Nissan ins Navi integriert, allerdings funktioniert sie nicht wirklich gut, tatsächlich naheliegende Zapfsäulen - wie die kostenlose bei Aldi in der Nürnberger Zollhausstraße - werden oft nicht angezeigt. Besser funktioniert die Sache mit der Plugsurfing-App, die europaweit 70.000 Ladestationen in petto hat und die Information, ob diese frei sind und welchen Steckerstandard sie vorhalten, gleich obendrein. Dank einer Kooperation von Nissan und Plugsurfing erfolgt die Abrechnung betreiberübergreifend und unkompliziert über ein vorher einzurichtendes Konto.

Was er bietet: Auf Wunsch bzw. in den höheren Ausstattungsvarianten entsendet Nissan jede Menge Fahrassistenten an Bord, vom serienmäßigen Querverkehrswarner über den ProPilot mit autonomem Stauassistenten und Stop&Go-Funktion (Serie ab N-Connecta) bis hin zur Einparkautomatik (1200 Euro). Eine Empfehlung gilt dem Around-View-Monitor (650 Euro), der Parkmanöver erheblich erleichtert.

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Was er kostet: Der schon recht gut ausgestattete Basis-Leaf (unter anderem Navi, Klimaautomatik, Notbrems-, Spurhalte- und Totwinkelassistent, Tempomat) kostet 31.950 Euro, das ist durchaus ein Wort. Selbst das Topmodell Tekna, dem nur noch die Einparkautomatik und Sonderfarben als aufpreispflichtige Extras fehlen, bleibt mit 39.850 Euro noch unter der 40.000-Euro-Schmerzschwelle. Billig ist der Leaf trotzdem nicht.

Was wir meinen: Obwohl die tatsächliche Reichweite nicht an den NEFZ-Aktionsradius herankommt, ist der Nissan Leaf ein durchaus alltagstaugliches Elektroauto. Im Kurzstreckenverkehr und in der City kommt man gut mit ihm zurecht. Für längere Distanzen und die Autobahn ist der Japan-Stromer aber noch nicht bereit. Und auch die Konkurrenz schläft nicht - Hyundai Kona Elektro oder Kia Niro EV sind nur zwei moderne Mitbewerber, die dem Leaf durch die längst nicht mehr zukunftsfernen Elektro-Aktivitäten anderer Hersteller erwachsen sind.

Ulla Ellmer

Die Daten des Nissan Leaf

Leistung max. Elektromotor 110 kW/150 PS bei 3283 - 9795/min, max. Drehmoment 320 Nm bei 3283/min. Kapazität Batterie (Lithium-Ionen) 40 kWh. Spitze 144 km/h, Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 7,9 sec, Reichweite NEFZ-Norm bis 378 km, WLTP bis 285 km, Test bis 270 km. Normverbrauch 14,6 kWh pro 100 km, Testverbrauch 15,4 kW/h/100 km, CO2-Emission 0 g/km, Energie-Effizienzklasse A+, Länge 4,49 m, Breite 1,79 m, Höhe 1,53 m, Kofferraum 400 bis 435 l, Leergewicht 1580 kg, zulässiges Gesamtgewicht 1995 kg. Frontantrieb. Versicherungs-Typklassen 17 (KH), 21 (VK), 18 (TK). Preis ab 31.950 Euro.

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