Ohne Elektroautos wird's nicht gehen

9.11.2017, 14:48 Uhr
Ohne Elektroautos wird's nicht gehen

© Hersteller

Seit gestern weiß man, wie sich die EU-Kommission den Weg der Autos in Richtung geringerer CO2-Emissionen vorstellt. Bis 2025 soll der Ausstoß des Treibhausgases um zunächst 15, bis 2030 dann um 30 Prozent gesenkt werden. Ausgangswert sind jene 95 g/km, die ab 2021 erreicht werden müssen. Allerdings basiert dieser Wert noch auf dem veralteten NEFZ-Zyklus (Neuer Europäischer Fahrzyklus). Umgerechnet auf den zum 1. September eingeführten und praxisnäheren WLTP (World Harmonized Light Vehicles Test Procedure) dürften sich etwa 119 g/km ergeben.

Herbe Strafen drohen

Herstellern, die es nicht schaffen, ihren Flottenausstoß an CO2 entsprechend zu reduzieren, drohen herbe Strafen. Pro verkauftem Auto und überschüssigem Gramm CO2 stehen 95 Euro im Raum.

Ohne Elektroautos wird's nicht gehen

© Volkswagen

Während der Verband der Automobilindustrie angesichts der geplanten Vorgaben von "extremen Herausforderungen" spricht, gehen sie in den Augen der Grünen lange nicht weit genug. So hat Fraktionschef Anton Hofreiter - den manche schon als künftigen Verkehrsminister handeln - wissen lassen, dass er die EU-Vorschläge für "sehr dünn" hält.

Von einer Elektroquote, wie sie beispielsweise Kalifornien und neun weitere US-Bundesstaaten bereits kennen und wie sie für China bevorsteht (acht Prozent ab 2019), ist hingegen nicht die Rede. Zwar schlägt die EU-Kommission vor, dass 2030 möglichst 30 Prozent der Neuwagen Zero-Emission-Vehicles (ZEV) sein sollen - reine Elektroautos also oder Plug-in-Hybride, deren CO2-Ausstoß unter 50 g/km liegt. Es wird aber keine Strafen für Hersteller geben, die diese 30 Prozent nicht erfüllen können.

Hat die Automobil-Lobby also ganze Arbeit geleistet? Auf den ersten Blick könnte man meinen: Ja. Beim näheren Hinsehen wird aber deutlich, dass die Autobauer um einen Ausbau ihres elektrifizierten Angebots nicht herumkommen, wenn sie die verschärften CO2-Vorgaben erfüllen wollen und die hier vorgesehenen Strafzahlungen vermeiden möchten.

Bonussystem für Elektromodelle

Der CO2-technische Ballast großer Limousinen und schwerer SUVs lässt sich nämlich durch Belohnungen kompensieren, die es dann gibt, wenn das Produktportfolio mehr als 30 Prozent Zero-Emission-Vehicles enthält. Exakte Details zu diesem Bonussystem sind noch nicht bekannt. Vorstellbar ist aber, dass es mit sogenannten "Supercredits" funktioniert. Dabei handelt es sich um ein Rechenmodell, bei dem die ZEVs nach kalifornischem Vorbild mehrfach angerechnet werden. Die Höhe des Multiplikationsfaktors könnte sich nach der elektrischen Reichweite richten. Wie das Onlineportal electrive.net meldet, hat auch Volkswagen ein solches Modell vorgeschlagen. Demnach würde ein alter Elektro-Golf mit rund 135 Kilometern batterieelektrischer Reichweite 2,5 Credit Points erhalten, ein moderner I.D. mit 500 Kilometern Aktionsradius bekäme 3,6 von ihnen. Wird dieser Faktor 3,6 mit einem Verkaufsanteil von 10 Prozent multipliziert, ergeben sich also 36 Prozent. Die von der EU-Kommission vorgeschlagene Elektroquote wäre somit schon um sechs Prozent übertroffen.

Ohne Elektroautos wird's nicht gehen

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In Kalifornien ist derzeit eine bis zu vierfache Anrechnung von ZEVs möglich, ab 2018 soll sich das auf das maximal Dreifache reduzieren.

Alle müssen elektrifizieren

Vor dem Hintergrund solcher Bonussysteme erklärt es sich, warum es gerade für Premiumhersteller wie Mercedes, BMW und Jaguar LandRover, aber auch für Volkswagen unumgänglich ist, elektrisch tätig zu werden. Allesamt müssen sie große und schwere Modelle durch ZEVs ausgleichen. Mercedes hat also seine elektrische Submarke EQ in der Mache und baut auch Smart zur reinen Elektromarke um, BMW plant laut seines Chefs Harald Krüger bis 2025 mindestens zwölf voll elektrisch betriebene i-Modelle, Jaguar bringt schon 2018 sein Elektro-SUV i-Pace an den Start und VW legt 2020 mit den ersten Produkten seiner E-Submarke I.D. los. Auch Opel hat angekündigt, 2019 im thüringischen Eisenach ein Elektro-SUV bauen zu lassen und den nächsten Corsa als E-Version auf den Markt zu bringen.

Während die etablierten Autobauer hinsichtlich ihrer Verbrennungsmodelle von den Supercredits profitieren, bringen sie den Herstellern reiner Elektroautos wie Tesla oder der Post-Tochter StreetScooter nichts - ein Handel respektive der Verkauf der Bonuspunkte ist nicht vorgesehen.

Ulla Ellmer

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