T-Cross: VW macht den Polo zum SUV

20.3.2019, 02:58 Uhr
T-Cross: VW macht den Polo zum SUV

© Hersteller

Muss das sein, VW? Touareg, Tiguan, T-Roc und jetzt T-Cross – dass die SUVs phonetisch unter dem Dach einer Alliteration vereint werden, ist gut gemeint, führt aber nicht nur beim Kunden zu einer gewissen Konfusion.

Top-down gelistet ist der große Touareg Chef im SUV-Team von Volkswagen und der jetzt vorgestellte T-Cross das Küken. Mit ihm besetzt VW auch das letzte noch verbliebene SUV-Segment, das der Kleinen nämlich. Nach Wolfsburger Ansicht bietet es viel Potenzial: Man rechne damit, so heißt es, dass es sich im kommenden Jahrzehnt glatt verdoppeln könne.

Die technische Basis stellt der MQB-A0-Baukasten des Konzerns, den auch der Polo nutzt. Ihn übertrifft der T-Cross (4,11 Meter) aber um fünfeinhalb Längen-Zentimeter, vor allem aber überragt er ihn in der Höhe (1,58 Meter) deutlich - um fast 14 Zentimeter. Optisch steht das im spanischen Pamplona gebaute City-SUV somit schön stattlich da und vermittelt deutlich mehr SUV-Attitüde als der größere Bruder T-Roc, der sich einen eher sportlich-coupéhaften Anstrich gibt.

Viel Platz für Passagiere und Gepäck

Dafür, dass er ein verhältnismäßig kleines Kaliber ist, bietet der T-Cross erstaunlich viel Platz. Zufrieden konstatieren nicht nur die Frontpassagiere nebst bequemem Einstieg ein kommodes Unterkommen auf komfortablen Sitzen und die hohe Sitzposition. Auch im Fond fällt der Reck- und Streckfaktor generös aus – zumindest dann, wenn das Sitzplatzkontingent nicht komplett ausgereizt und auch der Mittelplatz besetzt wird.

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Ein Pluspunkt ist zweifellos die serienmäßig verschiebbare Rückbank. Ganze 14 Zentimeter beträgt der so gewonnene Spielraum, der es möglich macht, den Kofferraum nicht unerheblich zu erweitern, konkret von 385 (schon das sind fünf Liter mehr als im Golf) auf 455 Liter. Werden die Fondsitze komplett umgeklappt, tun sich 1281 Liter Stauvolumen auf. Schön wär's, wenn es jetzt noch eine Durchlademöglichkeit gäbe. Die ist zwar nicht vorhanden, aber auch mit der obligatorischen 60:40-Teilbarkeit der Rücksitzlehne lässt sich was anfangen, zumal die Transportkapazität noch durch den flach zu legenden Beifahrersitz (Serie ab mittlerer "Life"-Ausstattung) auszubauen ist. Der Ikea-Kunde muss somit selbst beim Einladen des vielgeschätzten "Pax"-Kleiderschranks nicht die Segel streichen.

Bunte Deko fürs Interieur

Dass VW beim T-Cross aber auch gespart hat, lässt sich an den wegrationalisierten Haltegriffen über den Türen erkennen und ebenso am hohen Hartplastik-Anteil im Interieur. Tristesse lässt sich aber durch peppig bunte Deko und Verblendungen in 3D-Optik vermeiden. Und die Verarbeitung ist sowieso tipptopp.

Das Basismodell lenkt den Blick auf eine analoge Instrumentierung. Gegen Aufpreis gibt es das volldigitale Kombiinstrument des Active Info Displays in Kombination mit einem 8-Zoll-Infotainment-Touchscreen. Dass das Smartphone umfänglich zu integrieren ist und multimedial vielerlei Möglichkeiten offenstehen, fällt anno 2019 unter die Rubrik Pflichtübung.

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Erwähnt werden sollte aber, dass im T-Cross "Volkswagen Connect" Einzug hält – ein System, das VW als "persönlichen Fahrzeugassistenten" bezeichnet und das mit einer Art Dongle arbeitet, der in die Service-Schnittstelle appliziert wird. In Kooperation mit Smartphone und App kann der Fahrer so beispielsweise ein Fahrtenbuch führen, sich über den Fahrzeugzustand informieren und beim Händler einen Servicetermin vereinbaren.

Zwei Dreizylinder zum Start

Noch spärlich bestückt ist zum Marktstart Mitte April die Antriebspalette. An der Basis setzt VW den Einliter-Dreizylinder-Turbo 1.0 TSI mit 70 kW/95 PS in Verbindung mit einer manuellen Fünfgangschaltung ein. Ja – die gebotene Laufruhe geht ebenso in Ordnung wie die Fahrleistungen (0 – 100 km/h in 11,5 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit 180 km/h) und der Normverbrauch (4,9 l/100 km). Ausreichend also. Wir raten aber zur deutlichen muntereren Ausbaustufe mit 85 kW/115 PS, für die als Alternative zum 6-G-Handschalter ein 7-G-Doppelkupplungsgetriebe verfügbar ist. Der Sprint von 0 auf 100 km/h gelingt hier in 10,2 Sekunden und die Topspeed liegt bei 193 km/h. Misstrauisch stimmt jedoch ein Blick auf den Bordcomputer, der auf ersten Testfahrten mit moderatem Tempo über mallorquinische Landstraßen einen Verbrauch von 7,4 l/100 km auswies. Das liegt deutlich über dem Norm-Mix von 4,9 l.

Für Vielfahrer mag es sinnvoll sein, ein paar Monate zuzuwarten, bis VW dem T-Cross einen Diesel spendiert. Wir konnten die entsprechende Version bereits probefahren und fanden, dass sich die Geduld lohnt. Der 1,6-l-Selbstzünder mit 70 kW/95 PS ist ein feines Maschinchen, das dem kleinen SUV von allen Motoren am besten steht und all die Vorteile bietet, die der Diesel nun einmal hat: Kräftiger Durchzug schon aus dem Drehzahlkeller und ein Verbrauch, den die Werksangabe mit voraussichtlich 4,4 l beziffert (die endgültige Homologation steht noch aus) und der sich laut Bordcomputer problemlos unter fünf Liter drücken lässt.

Hybridisierung nicht vorgesehen

Ebenfalls noch in diesem Jahr kommt außerdem der Top-Benziner mit 110 kW/150 PS. Hybridversionen sind indes nicht vorgesehen, während über ein Erdgasmodell – wie es eines vom Polo und vom baugleichen Seat Arona gibt - noch nicht das allerletzte Wort gesprochen sein könnte. Alle T-Cross-Motoren erfüllen Euro 6d-Temp, den Benzinern hilft hier ein Ottopartikelfilter.

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Allradantrieb ist ein Posten, den der Käufer vergebens in der Aufpreisliste sucht. Gewagte Gelände-Ausflüge sollte man also trotz der großzügigen Bodenfreiheit und der rustikalen Offroad-Optik besser sein lassen. Auf Asphalt schlägt sich der T-Cross aber prima. Fein hält die Fahrwerksabstimmung die Balance zwischen straff und – was den meisten Kunden sowieso wichtiger sein dürfte – komfortabel.

Bei den Fahrassistenten kann VW auf umfassende Möglichkeiten zurückgreifen, unter denen man für die Serienausstattung des Basismodells das Umfeldbeobachtungssystem Front Assist inklusive Fußgängererkennung und City-Notbremsfunktion, den Spurhalteassistenten, den Berganfahrassistenten sowie den Spurwechselassistenten Blind Spot Detection ausgesucht hat. An Aufpreisträchtigem hält der Fundus Müdigkeitserkennung, eine automatische Abstandsregelung und einen Parklenkassistenten vor.

Vom verlockend erscheinenden Einstiegspreis von 17.975 Euro muss man sich dann freilich verabschieden. Überhaupt besitzt die lange Liste der Extras eine Verführungskraft, die schnell in einen fünfstelligen Zuschlag mündet, zumindest dann, wenn der Kunde einen stärkeren als den Basismotor bestellt.

Der T-Cross mit seiner angenehm hohen Sitzposition und der räumlichen Variabilität ist wohl der bessere Polo. Einziger Grund, nicht das Kleinwagen-SUV anstelle des Kleinwagens zu wählen, scheint der höhere Preis: Der Polo 1.0 TSI kostet zwar auch schon mindestens 18.020 Euro, dann aber bereits in mittlerer "Comfortline"-Ausstattung.

Elektrischer I.D. Crozz ab 2022

Ganz komplett ist die SUV-Palette von VW auch mit dem T-Cross noch nicht. 2022 soll der elektrische I.D. Crozz kommen – ganz ohne "T" im Namen und somit phonetisch ohne Konfusions-Potenzial.

Ulla Ellmer

VW T-Cross in Kürze:

Wann er kommt: Bereits bestellbar, Auslieferung ab Mitte April

Wen er ins Visier nimmt: Die baugleichen Brüder Seat Arona und (ab Jahresmitte) Skoda Kamiq, Peugeot 2008, Opel Crossland XFiat 500 X

Was ihn antreibt: Einliter-Dreizylinder-TSI mit 70 kW/95 PS und 85 kW/115 PS

Was er kostet: Ab 17.795 Euro

Was noch kommt: 1,6-l-TDI mit 70 kW/95 PS, Benziner mit 110 kW/150 PS

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