Umweltprämie: Schlechter Tausch?

10.11.2018, 11:22 Uhr
Umweltprämie: Schlechter Tausch?

© dpa, Hersteller

Die einen nennen es Green Deal, die anderen Bye-Bye-Bonus, weitere sprechen schlicht von der Umtauschprämie. Gemeint ist aber immer dasselbe: Rabattprogramme, mit denen die Automobilhersteller ihre Kunden zum Kauf eines neuen und sauberen Fahrzeugs animieren möchten und die dazu beitragen sollen, Fahrverbote zu verhindern.

Immer dasselbe? Nur oberflächlich betrachtet. Im Detail unterscheiden sich die Aktionen nämlich ganz erheblich. Der ADAC spricht gar von einem "Prämienchaos". Der Wirrwarr geht zunächst einmal damit los, dass die meisten Angebote in ihrer Großzügigkeit zwischen den besonders belasteteten Intensivstädten München, Stuttgart, Reutlingen, Heilbronn, Backnang, Ludwigsburg, Darmstadt, Köln, Bochum, Düren, Limburg an der Lahn, Düsseldorf, Kiel und Hamburg sowie deren Umland und dem Rest der Republik unterscheiden, zu dem auch der Großraum Nürnberg gehört. Nur wenige Programme (Ford) sind grundsätzlich überregional gültig.

Fast jeder Hersteller geht anders vor

Die einen verschrotten, die andern verkaufen weiter Darüber hinaus hängt die Höhe des Rabatts davon ab, welcher Neuwagen gekauft wird. Renault beispielsweise gewährt für den Kleinwagen Twingo 2000 Euro, für den Van Espace hingegen 10.000 Euro. Manche Hersteller loben Zusatzprämien für alternative Antriebe aus, manche zahlen die Prämie nur beim Kauf eines Neuwagens, manche auch beim Erwerb eines jungen Gebrauchten bzw. Jahreswagens. Einige geben für Euro-1- bis Euro-4-Diesel Geld zurück (VW, Audi, Skoda, Seat), andere (Toyota) akzeptieren sogar Euro-6-Selbstzünder. Etliche Programme sind vorerst zeitlich befristet. Und während der eine Hersteller das Altfahrzeug verschrottet (VW, Opel), nimmt es der andere (BMW/Mini) in Zahlung und gibt es somit zum Weiterverkauf frei. Das zeigt aber schon eine Crux der Methodik auf: Unter Umständen verbleibt der unsaubere Diesel in der belasteten Region, zumindest aber stößt er anderswo seine Schadstoffe aus, gerne auch in Osteuropa. Zur Reinhaltung der Luft trägt das jedenfalls nicht bei.

"Der Handel mit gebrauchten Fahrzeugen macht vor Emissionsgrenzen nicht halt", sagt Jürgen Karpinski, Präsident des Zentralverbands Deutsches Kfz-Gewerbe (ZDK). Eine Hardware-Nachrüstung alter Diesel stellt nach Ansicht vieler Fachleute die effektivere Lösung dar, immer unter der Voraussetzung, dass eine solche Maßnahme technisch machbar und wirtschaftlich darstellbar ist. Auch aus Sicht des Handels kann sich die Umrüstung lohnen, da sie die Selbstzünder niedriger Schadstoffklassen wieder besser verkäuflich macht. "Wenn jetzt noch mehr kaum weiterverkäufliche Fahrzeuge auf den bereits vollen Höfen der Händler landeten, überschreitet das die Kapazitäten der Kfz-Betriebe insbesondere in den 14 benannten Städten und deren Regionen", warnt Karpinski.

Verrechnet mit anderen Rabatten

Die Umtauschprämie selbst liest sich indes oft besser, als sie eigentlich ist. Grund: Weil der Nachlass häufig mit anderen Rabatten verrechnet wird, kommt er nicht in voller Höhe beim Kunden an. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research (CAR) führt als Beispiel den Kauf eines Ford Fiesta an: Bei Ford werbe man mit 3100 Euro Verschrottungsprämie, von der letztlich aber nur 1580 Euro bleiben. Ähnlich geht offensichtlich Renault vor, wo man beim Erwerb eines Clio 3000 Euro Umweltprämie in Aussicht stellt, diese dann aber mit anderen Rabatten in Höhe von 2000 verrechnet, wodurch der Bonus auf 1000 Euro schrumpft.

Auch das Fachblatt "Automobilwoche" hat "Rabattlücken" festgestellt und macht unter Bezugnahme auf Daten des Internetportals MeinAuto.de die Rechnung für einen Seat Leon auf: 5000 Euro Umtauschprämie gibt es hier, doch auch schon unter normalen Umständen werden 3673 Euro Rabatt gewährt. Eigentlich müsste der tauschwillige Alt-Diesel-Besitzer also 8673 Euro Nachlass bekommen. Stattdessen erhält er nur 5569 Euro, es tut sich also eine Lücke von 3104 auf.

Über den Restwert informieren

Um bei der Inzahlungnahme des alten Diesels nicht mit einem zu geringen Ankaufswert abgespeist zu werden, sollten Kunden sich vorher über den Restwert schlau machen, etwa mit Hilfe der Schwacke- oder DAT-Liste. Beim Neuwagen wiederum gilt es auf die neueste Schadstoffnorm Euro 6d oder Euro 6d-Temp zu achten - selbst für viele Euro-6b-Fahrzeugen hat der ADAC in seinem Ecotest noch Stickoxidemissionen ermittelt, die ein klarer Fall für Fahrverbote wären.

Ulla Ellmer

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