Wie gut ist der neue 3er BMW?

12.12.2018, 20:02 Uhr
Wie gut ist der neue 3er BMW?

© Hersteller

SUVS hin oder her: Kein anderes Modell steht so für die Marke BMW wie der 3er. "Das wichtigste Fahrzeug" sei er, sagt Produktmanager Markus Huber. Ein Modellwechsel ist also immer ein geradezu epochales Ereignis, begleitet von großen Worten, was sich im konkreten Fall so darstellt, dass Huber den 3er in die Nähe der Hamburger Elbphilharmonie rückt - Auto und Konzerthaus würden gleichermaßen auf einer ikonischen Basis aufbauen.

Für die Designer besteht die Herausforderung dann darin, den automobilen Klassiker so zu gestalten, dass sein Wiedererkennungswert zweifelsfrei erhalten bleibt, andererseits aber ein Fortschritt in Richtung Moderne erkennbar wird. Das Team um Chefdesigner Adrian van Hooydonk hat den Spagat gut hingekriegt; die neue und siebte Generation der Sportlimousine ist unverkennbar ein 3er, gewachsen vor allem in der Länge (plus 7,6 Zentimeter auf 4,71 Meter), gleichzeitig den Zeitläuften entsprechend nachgeschärft und präzisiert, mit einer flacheren, breiteren BMW-Niere im Gesicht, die von Voll-LED-Scheinwerfern mit sportlicher Leuchtengrafik flankiert wird.

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Zwiespältiger Eindruck vom Interieur

Einen zwiespältigen Eindruck hinterließ bei uns das Interieur. Ein BMW ist immer ein "Driver's Car", schon klar, mit fahrerorientiertem Cockpit also und eng umschließendem Raumgefühl. Wer aber schon einmal in einer Mercedes A-Klasse Platz genommen und erlebt hat, wie der elegante i-Pad-Look des Multimediasystem just dieses Raumgefühl zum Lichten hin verändert, dem kommt die Schaltzentrale im 3er auf einmal seltsam unmodern vor. Nicht wirklich gut wollten uns auch die eckigen und gegenläufig angeordneten Skalen des digitalen Cockpits gefallen, die gegen Aufpreis das analoge Instrumentarium ersetzen. Bestenfalls mittelgroß zudem das 10,25-Zoll-Controldisplay, das rechts neben der 12,3-Zoll-Instrumentenkombi sitzt und über das beispielsweise Navi oder Audiofunktionen angesteuert werden. Die Bedienung erfolgt wahlweise per Touch, den iDrive-Controller, über Lenkradtasten, Gesten- oder Sprachsteuerung. Toll aber die weitere, sehr umfassende Info-Plattform des jetzt vergrößerten Head-Up-Displays.

Das Platzangebot ist verbessert worden, gerade im Fond, hier macht sich der gestreckte Radstand positiv bemerkbar. Der Kofferraum stellt 480 Liter Ladevolumen bereit, zum Serienumfang zählt eine im Verhältnis 40:20:40 geteilt umklappbare Rücksitzlehne, gegen Aufpreis gibt es eine automatische Heckklappenbetätigung, auf Wunsch auch sensorgesteuert.

Klasse: Das Fahrverhalten

Vorrangig stellt sich beim 3er aber die Frage, wie er sich fährt. Antwort: klasse! Ein Genuss die superpräzise Lenkung, in Bestform die formidable Fahrwerksabstimmung, der Hecktriebler ist umfänglich willens und bereit, kurvige Strecken auch mit forciertem Tempo in beeindruckender Neutralität zu durcheilen, ohne sich dabei Hinterhältigkeiten in der Asphaltdecke gefallen zu lassen. Segensreich auf den Fahrkomfort wirken sich vor allem die neuen hydraulischen, hubabhängigen Stoßdämpfer aus.

Vorteil Diesel

Für erste Probefahrten stellte BMW zunächst den 330i bereit, dessen Turbobenziner sich aus zwei Litern Hubraum 190 kW/258 PS holt. Ein feines Teil, trotz Vierzylinder-Identität samtweich soundstark, agil und fähig zu tollen Fahrleistungen, die sich beispielsweise im 0-auf-100-Spurt binnen 5,8 Sekunden manifestieren.

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Dennoch erschien uns der 320d als das stimmigere Angebot. Der 140 kW/190 PS starke Vierzylinder-Selbstzünder führt das Diesel-Bashing ad absurdum, denn er zeigt sehr schön auf, dass Fahrfreude und Effizienz keine unvereinbaren Gegensätze sein müssen. In 7,1 Sekunden rennt er von 0 auf 100 km/h, mit der empfehlenswerten 8-Gang-Steptronic geht es (6,8 Sekunden) noch einen Tick schneller, die Höchstgeschwindigkeit beträgt 240 km/h, damit liegt der 320d gleichauf mit dem 330i. Nach Norm werden dabei 4,2 l/100 km konsumiert, auch die 5,1 l, die uns der Bordcomputer signalisierte, geben keinen Grund zur Klage. Ein aufwendiges System zur Abgasnachbehandlung stellt Euro 6d-Temp sicher, wobei die beiden AdBlue-Tanks 19 Liter bevorraten, das reicht für etwa 10.000 Kilometer.

Sechszylinder-Fans müssen indes stark sein, denn ihnen bleibt neben dem 330d ausschließlich das Topmodell M340i xDrive mit drei Litern Hubraum und 374 PS, das etwas später nachgeschoben wird. Im Sommer 2019 kommt zudem die Plug-in-Version 330e mit einer elektrischen Reichweite von 60 Kilometern auf den Markt.

Motorvarianten im Überblick

Die vorläufig verfügbaren Varianten im Überblick:

320 i: 135 kW/184 PS, ab 39.950 Euro

330 i: 190 kW/258 PS, ab 44.750 Euro

318d: 110 kW/150 PS, ab 37.850 Euro

320d: 140 kW/190 PS, ab 40.450 Euro

330d: 195 kW/265 PS, ab 49.450 Euro

330i und 330d fahren bereits in der besseren "Advantage"-Ausstattung vor, den 320d gibt es auch mit Allradantrieb "xDrive".

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Nur wenige Assistenzsysteme (Spurverlassenswarnung, Auffahr- und Personenwarnung mit City-Bremsfunktion) zählen zum Serienumfang, die anderen müssen extra bezahlt werden. Auf Wunsch bremst, beschleunigt und lenkt der 3er selbsttätig, der aktuellen Rechtslage entsprechend muss der Fahrer dabei allerdings immer wieder die Hand ans Lenkrad legen, tut er dies trotz Aufforderung nicht, bremst der Wagen bis zum Stillstand ab und schaltet vorsorglich die Warnblinkanlage ein. Als besonders nützlich empfanden wir den Rückfahrassistenten, der den 3er bis zu 50 Meter weit auf der zuvor vorwärts befahrenen Strecke wieder zurücklenkt. Wozu das gut ist, wird jeder erahnen, der sich schon einmal in einer engen Zufahrt verfranst hat.

Schlauer Sprachassistent

Wer wiederum den "Intelligent Personal Assistant" an Bord bittet, kann besonders engen verbalen Schulterschluss mit dem 3er üben. Dass die Elektronik auf Zuruf reagiert ("Hey BMW"), kennt man so ähnlich schon von Alexa oder auch von Mercedes-MBUX. Im 3er darf der Fahrer seinem Assistenten aber einen eigenen Namen geben ("Hey Wunnibald"? "Hey Weihnachtsmann"?). Auf Anfrage erklärt das System Funktionen ("Wie funktioniert der Fernlichtassistent?"), wechselt den Radiosender, schaltet die Sitzheizung zu, navigiert ans Ziel oder informiert über die verfügbare Reichweite. Das funktioniert nicht immer perfekt und wäre in mancherlei Hinsicht noch ausbaufähig - etwa, indem auf die Frage nach der aktuellen Wetterlage in München die entsprechenden Daten vorgelesen und nicht nur auf dem Display angezeigt würden. Dennoch ist der schlaue Assistent gerade in puncto Sicherheit ein Gewinn und somit ein empfehlenswerter Posten auf der Aufpreisliste. Gut, wenn auch das Auto mitunter große Worte macht.

Ulla Ellmer

BMW 3er in Kürze:

Wann er kommt: Markteinführung am 9. März 2019

Wen er ins Visier nimmt: Mercedes C-Klasse, Audi A4, Jaguar XE, Alfa Romeo Giulia, Volvo S60

Was ihn antreibt: Benziner mit 135 kW/184 PS und 190 kW/258 PS, Diesel mit 110 kW/150 PS, 140 kW/190 PS und 195 kW/265 PS

Was er kostet: Ab 37.850 Euro

Was noch folgt: Topmodell M340i xDrive, Plug-in-Hybrid 330e, Kombi "touring"

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