"Adam und Evelyn": Aufbruch ins Ungewisse

10.1.2019, 08:00 Uhr

© Neue Visionen

Beim Gedanken an die Wende stellen sich heute im kollektiven westdeutschen Gedächtnis wohl meist Bilder von euphorisch feiernden Menschen ein, das deutsche Kino näherte sich dem Thema DDR gern mit satirischem Witz. In "Adam und Evelyn" - Namensähnlichkeiten mit einschlägigen biblischen Figuren sind durchaus beabsichtigt - ist von dieser Lustigkeit wenig zu spüren, die Aussicht auf ein freizügiges Leben mit allen Möglichkeiten gleicht hier eher der Vertreibung aus dem Paradies.

Für den Garten Eden steht das idyllisch verwilderte Grundstück, auf dem sich das Haus des Fotografen und begnadeten Damenschneiders Adam befindet. Der junge Mann, dem der Wiener Theaterschauspieler Florian Teichtmeister ein stilles, in sich gekehrtes Wesen verleiht, tut von keiner Stasi beobachtet, das, was er will: Er macht Aktfotos von seinen vielen Verehrerinnen, schneidert ihnen hübsche Kleider auf den Leib und ist mit dem Leben zufrieden.

Dass unterdessen ein historischer Umbruch ansteht, sich DDR-Bürger in die deutsche Botschaft in Budapest geflüchtet haben - in Adams Welt dringt das nur in Form von Nachrichten aus dem Radio, das der Schneider dann immer schnell abschaltet.

Eines Tages hat Adams Freundin Evelyn genug von seinen Flirts mit den Kundinnen, sie reist mit einer Freundin und deren Westcousin an den Plattensee. Um die Beziehung zu retten, fährt Adam im himmelblauen Wartburg hinterher. Als Ungarn die Grenzen zu Österreich öffnet, wird die Möglichkeit zur Flucht in den Westen plötzlich ganz real. Doch nicht nur deshalb steht die Beziehung zwischen Adam und Evelyn vor der Zerreißprobe...

Mit langen Einstellungen, die mitunter wie Fotografien wirken, legen die Regisseure Andreas Goldstein und Jakobine Motz den Fokus auf ein junges Paar, das von den Zeitläuften überrascht und schier entwurzelt wird, aber in diesem Schwebezustand eine Entscheidung treffen muss. Dazu passt die unspektakuläre, langsame Erzählweise, die dem Film aber auch einige Längen beschert. Die Irrungen und Wirrungen einer kriselnden Beziehung spiegeln die geschichtsträchtigen Ereignisse, und nicht alle Hoffnungen erfüllen sich. Dass die Wende auch mal aus dieser Perspektive gezeigt wird, macht "Adam und Evelyn" mit seinen authentisch spielenden Darstellern sehenswert. (D/95 Min.)

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