"Ailos Reise": Ein Rentier wird erwachsen

14.2.2019, 09:00 Uhr

© NFP

Nordlichter, schneebedeckte Wälder, riesige zugefrorene Seen: In dieser Welt der fast unberührten Natur verbrachte Tier-Dokumentarfilmer Guillaume Maidatchevsky ein ganzes Jahr. Er begleitete das junge Rentier Ailo von der Geburt bis zum frühen Mannesalter. Denn das geht bei den Rentieren sehr schnell: Innerhalb von fünf Minuten nach der Geburt müssen sie laufen lernen, innerhalb eines Jahres sind sie bereits dabei, mit ihren kleinen Geweihen Rivalenkämpfe auszufechten.

Maidatchevsky Film "Ailos Reise" sieht zunächst einmal hervorragend aus: Die Kamera fängt immer wieder stimmungsvolle Naturbilder ein und kommt unterschiedlichen Tieren ganz, ganz nahe. Denn auf seiner Reise begegnet Ailo unter anderem einem neugierigem Eichhörnchen, einem quirligen Hermelin und einem schneeweißen Polarfuchs. Aber auch Raubtieren, wie dem Vielfraß, der es auf das Fleisch der Rentiere abgesehen hat. Schließlich gilt auch in Lappland das Gesetz Fressen oder Gefressen werden. Und selbst innerhalb der eigenen Gattung sind die Überlebenschancen für den Stärkeren am größten: Die männlichen Rentiere bekämpfen sich untereinander, um die Gunst der Weibchen zu erwerben – und das jedes Jahr neu.

Der Film spart diese Seiten nicht aus. Und er zeigt auch kurz, wie der Mensch diese Natur zu zerstören droht. Dabei wird jedoch immer darauf geachtet, dass es auch für kleine Kinder verständlich und verträglich bleibt. So bestehen etwa die Jagdszenen aus viel Gerenne, bei dem die Beute stets entkommt. Und ab und zu gibt es sogar etwas zu lachen – etwa wenn der Hermelin einen Jäger durch wildes Gewusel verwirrt.

Verstärkt wird dieser leichtfüßige Eindruck durch die Musik und den Kommentar von Anke Engelke. Sie erzählt einfühlsam, kindgerecht und humorvoll. In dem Bemühen um Verständlichkeit geht der Text aber oft einen Schritt zu weit: Da wird behauptet, dass Ailo nun "in die Schule geht", "Nachbarn trifft" – oder "einen guten Freund wieder sieht", wenn tatsächlich nur ein Hase an dem Rentier vorbei läuft.

Ist es Kindern nicht zuzumuten, einfach einen Film über eine Herde Tiere anzusehen? Unterm Strich ein hübscher Dokumentarfilm, der es stellenweise aber etwas zu gut meint. (F/FIN/84 Min.)

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