"Baby Driver": Musik ist die treibende Kraft

27.7.2017, 09:00 Uhr

© Sony

Die Kraft der Musik liegt darin, dass sie die Macht hat, die Wahrnehmung der Wirklichkeit grundlegend zu verändern. Ein grauer Großstadt-Morgen kann sich, wenn man den Kopfhörer aufsetzt und den richtigen Song anspielt, in einen Moment der Glückseligkeit verwandeln. Diesen Effekt macht sich Edgar Wrights ungewöhnlicher Action-Film "Baby Driver" zunutze, indem er den Soundtrack nicht als Unterstützung, sondern als Basis und treibende Kraft der filmischen Erzählung begreift.

Sein Titelheld heißt Baby (Anselm Elgort) und trug nach einen Autounfall als Kind einen Tinnitus davon, der nur mit stetiger Musikbeschallung aus dem Kopfhörer beherrschbar ist. Baby hat verschiedene iPods für unterschiedliche Lebenslagen und auf seinen Playlists befindet sich für jede Situation der passende Song.

Baby ist ein begnadeter Fluchtwagenpilot. Zu Beginn des Films sehen wir den jungen Mann bei der Arbeit. Während die Kollegen maskiert und bewaffnet in die Bank marschieren, spielt Baby "Bellbottoms" der Jon Spencer Blues Explosion an, trommelt auf dem Lenkrad und singt lautlos die Windschutzscheibe an. Nur von Ferne dringen die Geräusche des Überfalls durch, bis die Bankräuber angerannt kommen und die Verfolgungsjagd ihren Lauf nimmt.

Und was für eine Verfolgungsjagd! Mit action-künstlerischer Perfektion werden hier rasende Autos, quietschende Reifen, halsbrecherische Bremsmanöver und aus der Bahn geratene Streifenwagen vollkommen synchron zur Musik choreografiert. Ähnlich wie in "La La Land" geht es vor allem um Musik und Bewegung – nur dass in "Baby Driver" die Autos tanzen. Natürlich gibt es auch eine Story – um einen finsteren Gangsterboss (Kevin Spacey), der den jugendlichen Autoknacker Baby in seine Dienste gezwungen hat, um die liebreizende Kellnerin Deborah (Lily James), die Babys musikalisches Herz erobert, und um ein Kindheitstrauma, das es zu bewältigen gilt.

Die Mischung zwischen jugendlicher Romantik und knallharter Action funktioniert bestens, weil in "Baby Driver" – wie bei einem guten Song – die Balance zwischen Emotion und Dynamik stimmt. Der eigentliche Star ist jedoch der Soundtrack, der sich von "Harlem Shuffle" und "Egyptian Reggae" über Dave Brubecks "Unsquare Dance" bis zu "Brighton Rock" von Queen lustvoll durch die Jahrzehnte der Pop- und Rockmusik klickt. Trotz seines durchaus gewalttätigen Finales entwickelt "Baby Driver" eine inszenatorische Eleganz und Genreliebe, von denen plumpe Blockbuster wie "Fast & Furious" mit all ihren Milliardengewinnen nur träumen können. (GB/ USA/113 Min.)

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