"Borg/McEnroe": Gentleman-Athlet versus Enfant terrible

19.10.2017, 08:00 Uhr

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Mit elf Grand-Slam-Titeln in einer relativ kurzen Karriere gehörte der Schwede Björn Borg nicht nur zu den erfolgreichsten Athleten seiner Zeit. Er war auch der erste Popstar, den der Tennissport hervorbrachte. Mit seinem langen blonden Haar, dem Stirnband und seiner nordisch kühlen Aura brachte er Ende der Siebziger die Fans vor den Hotels zum Kreischen, so wie es bisher eher Rockmusikern vorbehalten war.

In "Borg/McEnroe" holt Regisseur Janus Metz nun einen zentralen Moment in der Karriere der Sportlers hervor: Im Juni 1980 versucht Björn Borg (Sverrir Gudnason) Tennis-Geschichte zu schreiben, indem er als erster Spieler überhaupt zum fünften Mal in Folge Wimbledon gewinnen will. Die Sportnachrichten schüren den Hype auf das bevorstehende Turnier, in dem der Amerikaner John McEnroe (Shia LaBeouf) als kühnster Herausforderer des Champions gehandelt wird.

Ähnlich wie im Boxsport werden die beiden Tennisspieler in den Medien zu vollkommen gegensätzlichen Antagonisten stilisiert. Hier Borg, der besonnene Grundlinienspieler von eiskalter Präzision. Dort McEnroe, der aggressive Hitzkopf, der wegen seiner Ausfälle gegenüber Schiedsrichtern und Talk-Show-Moderatoren berüchtigt ist.

Gentleman versus Enfant Terrible – eine solche Polarisierung macht sich in der medialen Narration gut. Metz’ Ziel ist es, hinter die Image-Kulissen der zwei Sportler zu schauen. In Rückblenden wird auf Borgs Kindheit geblickt, dessen sportlicher Ehrgeiz immer wieder von emotionalen Ausbrüchen torpediert wird. Erst seinem Trainer Lennart Bergelin (Stellan Skarsgård) gelingt es, die Energien des Jugendlichen zu kanalisieren. Und so ist es für Borg nicht schwer, sich in den Allüren des aufgebrachten McEnroe wiederzuerkennen, der seine Wutausbrüche allerdings auch gezielt einsetzt, um die gegnerischen Strategien zu untergraben.

Sich selbst in seinem Gegner gespiegelt zu sehen, ist eine produktive Fähigkeit, die der Film sicher auch als Allegorie über den Sport hinaus begreift, aber hier absolut überzeugend anhand der beiden Tennis-Rivalen herausarbeitet. Während Shia LaBeouf an sein Rollenmuster in "American Sweethearts" anknüpfen kann, liefert der Schwede Sverrir Gudnason eine fabelhaft konzentrierte Performance ab, die ihm noch manches Hollywood-Engagement einbringen könnte. Neben der doppelten Charakterstudie gelingt es dem Regisseur im Finale, dem nicht gerade leinwandtauglichen Tennisport mit einem hochdynamischen Schnittkonzept echte Thriller-Qualitäten abzuringen. (S/DK/FIN/107 Min.)

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