"Born to be Blue": Annäherung an ein Musik-Genie

8.6.2017, 08:00 Uhr

© Alamode

Sein melancholischer Trompetenton und sein trauriger Sprechgesang machten Chet Baker berühmt. In den 50er Jahren war er der weiße Gegenspieler der schwarzen Jazz-Giganten Miles Davis und Dizzy Gillespie. Nicht nur wegen seines Talents, auch wegen seines guten Aussehens hatte er alle Voraussetzungen zum Star. Doch der gefeierte "James Dean des Jazz" wurde von Dämonen gejagt und suchte Erlösung mit Hilfe von Drogen. Klar, dass diese Geschichte auf Dauer nicht gut gehen kann.

Regisseur Robert Budreau hat keine historisch exakte Baker-Biografie inszeniert, vielmehr nähert er sich seiner Hauptfigur mit einer Mischung aus Fakten und Fiktion wie ein Musiker, der über ein bekanntes Thema improvisiert. Wichtiger als biografische Details sind ihm stimmige Atmosphäre und psychologische Glaubwürdigkeit.

Das größte Plus an seinem Film ist allerdings die Besetzung: Ethan Hawke verkörpert den sensiblen Jazz-Star mit unglaublicher Intensität und faszinierender Einfühlsamkeit. Nicht nur wenn er mit brüchiger Stimme "My funny Valentine" singt, sorgt er für Gänsehautmomente. Hinreißend ist auch Carmen Ejogo in der Rolle von Chet’s fiktiver Geliebten Jane, die ihren Mann nur für kurze Zeit von der Nadel befreien kann.

Im Film läuft alles auf das mühsame Comeback Chet Bakers im legendären New Yorker Jazz-Club "Birdland" hinaus. Ein Comeback, das ihm nach Drogensucht, Gefängnisaufenthalt und einer Schlägerei mit Dealern niemand mehr zugetraut hätte. Bei der Schlägerei verlor Chet Baker alle Zähne, was ihm das Trompete-Spielen fast unmöglich machte. Es dauerte lange, bis der Musiker neben dem technischen Können auch das nötige Selbstvertrauen wieder erlangte.

Robert Budreau konzentriert sich in seinem Film auf solche Schlüsselszenen und nimmt es mit den Jahrszahlen nicht genau. Überflüssigerweise erzählt er das Ganze als Film im Film: Chet Baker soll selbst die Rolle in einem Biopic spielen.

Trotzdem bekommt man als Zuschauer mehr als eine Ahnung vom Talent dieses gefährdeten Genies, der in Wirklichkeit ein tragisches Ende fand. Seine Musik, die für den Film kongenial neu aufgenommen wurde, hat von ihrem Zauber nichts verloren. (GB/Can, 138 Min; am 11. Juni, 19 Uhr, startet mit "Born to be Blue" eine vierteilige Reihe mit Jazz-Filmen im Nürnberger Casablanca-Kino in Kooperation mit dem Jazz-Studio.)

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