Romanverfilmung

"Deine Juliet": Lesen verbindet auch in schweren Zeiten

9.8.2018, 08:00 Uhr
Teilen die Liebe zur Literatur, aber auch die Erinnerung an tragische Kriegsereignisse: Auf der britischen Kanalinsel Guernsey kommen sich die Londoner Erfolgsautorin Juliet (Lily James) und der Schweinebauer Dawsey (Michiel Huisman) näher.

© Studiocanal Teilen die Liebe zur Literatur, aber auch die Erinnerung an tragische Kriegsereignisse: Auf der britischen Kanalinsel Guernsey kommen sich die Londoner Erfolgsautorin Juliet (Lily James) und der Schweinebauer Dawsey (Michiel Huisman) näher.

"The Guernsey Literary and Potato Peel Pie Society" ("Der Club der Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf") heißt der Bestseller von Mary Ann Schaffer und Annie Barrows im Original. Der Titel zitiert jenes spontan konstruierte Wortungetüm, mit dem sich im Roman vier Bewohner der von den Deutschen während des Zweiten Weltkriegs besetzten britischen Kanalinsel Guerney vor der Verhaftung retten. Sie sind, die nächtliche Ausgangssperre ignorierend, auf dem Heimweg, nachdem sie sich endlich einmal wieder in gemeinsamer Runde sattgegessen hatten. Als ihnen deutsche Soldaten den Weg versperren, geben sie sich kurzerhand als Teilnehmer eines literarischen Zirkels aus.

Fortan wacht ein Soldat über ihre Treffen, und irgendwie schweißt das Reden über Bücher den kleinen Zirkel auch nach dem Krieg weiter zusammen. Doch es mangelt an Nachschub. Als der Schweinebauer Dawsey (Michiel Huisman) in einem gebraucht erworbenen Buch die Londoner Adresse der vorherigen Besitzerin entdeckt, schickt er ihr spontan einen Brief mit der Bitte, sie mit weiteren Werken des Autors zu versorgen. Was Dawsey nicht wissen kann: Jene Juliet Ashton ist selbst eine junge, erfolgreiche Schriftstellerin, die sich nach dem Tod ihrer Eltern im "Blitz" schwer tut mit dem Schreiben unterhaltsamer Geschichten. Obwohl sie damit viel Geld verdient, ihr Verleger und ihr reicher amerikanischer Verlobter ihr zu Füßen liegen, entflieht sie der Stadt, um herauszufinden, was es mit dem Guernseyer Buchclub auf sich hat.

Regisseur Newell nimmt sich für die Vorgeschichte viel Zeit, entwirft auf beiden Seiten sehr glaubwürdige Charaktere und findet für Juliets Trauma in einer starken Sequenz schwindelerregende Bilder. Lily James, zuletzt in "Mamma Mia 2" zu sehen, verkörpert die unterschiedlichen Facetten ihrer ebenso lebensfrohen wie nachdenklichen Figur hervorragend.

Auf Guernsey wird Juliet mit großer Freude, aber auch mit anfänglicher Distanz aufgenommen. In ihrer zugewandten, neugierigen Art fällt es ihr nicht schwer, das Vertrauen der Bücherfreunde zu gewinnen, und das Geheimnis um die engagierte Clubgründerin Elizabeth (Jessica Brown Findlay) zu lüften, die von den Deutschen deportiert wurde und ihr uneheliches Kind bei Dawsey zurückließ.

Ohne Effekthascherei inszeniert Newell die nach und nach sich offenbarenden tragischen Momente, die bis zum Schluss für Spannung sorgen, und die vorsichtige Annäherung zwischen Juliet und Dawsey. Zwar ist dessen Figur in ihrer Verschlossenheit etwas stereotyp angelegt, doch wartet der Film insgesamt mit einem tollen Ensemble auf – darunter auch Katherina Parkinson als zupackende, aber einsame Ginbrennerin und der große britische Mime Tom Courtenay.

Zwischen Besatzungs- und Nachkriegszeit pendelnd erzählt "Deine Juliet" sensibel und unaufgeregt vom Zusammenhalt der Menschen in schweren Zeiten. Ein bisschen Kitsch und Rührseligkeit schaden dem vielschichtigen Stoff dabei durchaus nicht. (GB/USA/124 Min.)

Verwandte Themen


Keine Kommentare