"Der Spitzenkandidat": Prominentes Opfer der Medienmeute

17.1.2019, 09:00 Uhr
Symathieträger, der über eine Sex-Affäre stolpert: Hugh Jackman als US-Politiker Gary Hart.

© Sony Pictures/dpa Symathieträger, der über eine Sex-Affäre stolpert: Hugh Jackman als US-Politiker Gary Hart.

Der für einen Oscar nominierte Hugh Jackman ("Greatest Showman") verkörpert jenen vitalen Sympathieträger der amerikanischen Jungwählerschaft, die damals von Ronald Reagan die Nase voll hatte. Umgeben von einem ergebenen Wahlkampfteam, väterlich dirigiert von Kampagnenprofi Bill Dixon (J. K. Simmons), absolviert Senator Gary Hart, der es vier Jahre zuvor schon einmal versucht hatte, seine Wahlwerbetermine im Land.

Die Aura eines Kennedy umweht ihn, das vielstimmige Gequassel seines Teams lässt jedenfalls so was verlauten. Ein Traum von Mann. Bis er sich von einem insistierenden Vertreter der Qualitätspresse bei einer Frage nach seinem Privatleben so provozieren lässt, dass er den jungen Farbigen, einen Musterjournalisten aus Washington, auffordert, ihn zu beschatten. Der Brave denkt nicht im Traum daran, doch seine Kollegen vom Miami Herald, die das im Flugzeug mitgehört hatten, erinnern sich, als sie ein paar delikate Infos zugeschickt bekommen.

Das ist der Zeitpunkt, an dem sich die Wahrheit verabschiedet und die Politik Gegenstand der Klatschpresse wurde. So in etwa lautet jedenfalls der Titel des Buches von Matt Bai, auf das sich das Script von Regisseur Jason Reitman ("Juno", "Up in the Air") stützt.

Die Miami-Leute schießen Fotos von einer Blonden, die Hart aus Miami mitgebracht hatte, sie stellen den beleidigt brüllenden Kandidaten, und der landesweite Shitstorm nimmt seinen Lauf. Neu ist laut Matt Bai und Reitman die Beteiligung der seriösen Blätter, die die Sexaffären der Politiker bis dahin ignorierten.

Schwer zu glauben für uns von Clinton, Bush oder Trump Immunisierte, dass sich ein Politprofi vor 30 Jahren auf diese Haltung verlassen haben soll. Von dem #MeToo-Aspekt einer Promi-Affäre ganz zu schweigen. Die Blonde aus Miami wollte nur einen Job von Hart, ist blitzgescheit und vom Medienrummel mehr gebeutelt als der Politiker, der die Waffen erst streckt, als er merkt, dass seine Familie von der Medienmeute gehetzt wird.

Reitmans tadellos besetzte Inszenierung begnügt sich mit einem oberflächlichen Blick auf den Politrummel, alle Beteiligten entsprechen ihren Klischees und nähren den Verdacht, dass dieser Gary Hart wohl auch eher der im Amt erworbenen Überheblichkeit als seinem naiven Idealismus zum Opfer gefallen ist. (USA/112 Min.)

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