"Die Frau, die...": Nichts Neues aus dem Wilden Westen

5.7.2018, 08:00 Uhr

© Tobis

New York, 1890: Inspiriert von den Wild-West-Bildern des Malers George Catlin beschließt die junge Witwe Catherine Weldon (Jessica Chastain) in das Reservat der Sioux-Indianer in North Dakota zu reisen, um ein Porträt des berühmten Häuptlings Sitting Bull (Michael Greyeyes) zu malen. Doch schon auf der Zugreise muss sie feststellen, dass ihre romantischen Vorstellungen von der Freiheit im Westen nicht der Wirklichkeit entsprechen.

Der Regierungsbeamte Silas Groves (Sam Rockwell als witziger Westentaschen-Clint-Eastwood) macht ihr unmissverständlich klar, dass sie nicht erwünscht ist. Denn gerade befinden sich die Indianer in harten Verhandlungen um ihr Land mit der US-Regierung. Catherine wird mitten hineingeworfen in diese Auseinandersetzung und erkennt erschreckt, dass es auf beiden Seiten Kräfte gibt, die auf einen Krieg zusteuern. Doch so leicht lässt sie sich nicht einschüchtern und steht schließlich wirklich dem legendären Häuptling gegenüber, der ganz anders ist, als sie erwartet hat.

Kein Zweifel, diese Geschichte, die lose auf der Biografie der Malerin Carolin Weldon beruht, hat enormes Potenzial: Ein Western mit einer Frau in der Hauptrolle. Der sich für die Rechte von Minderheiten einsetzt. Inszeniert von einer britischen Regisseurin (Susanna White). Und das in einem Jahr, in dem so offen wie nie darüber nachgedacht wird, die Macht der weißen, alten Männer Hollywoods neu zu verteilen. Allein der Titel wirkt da schon wie ein Versprechen: Jetzt gehen die Frauen mal voraus und machen es besser.

Tun sie aber nicht. Denn der Film erweist sich leider als ziemliche Gurke. An den Darstellern liegt es nicht: Jessica Chastain trifft genau die richtige Mischung zwischen Mut und Verletzlichkeit, Michael Greyeyes vermittelt durch sein subtiles Spiel mehr Weisheit als ihm das Drehbuch in den Mund legt, und Sam Rockwell ist gut wie immer. Solange ihnen die Kamera nur zuschaut, lugt er hervor – der große, wichtige Film, der "Die Frau, die vorausgeht" hätte sein können.

Doch dann kommt schon wieder der nächste hektische Schnitt, die nächste überflüssige Zeitlupe, die nächste kitschige Musiksauce und jedes Gefühl von Erhabenheit löst sich in Luft auf. Die Dialoge setzen noch eins drauf: "Ich hatte beim Betreten des Lagers ein ungutes Gefühl". Das ist etwas, das man in den Augen einer Figur sehen sollte – und nicht von ihr erzählt bekommen will.

Unterm Strich bleibt ein geschwätziges Melodram. Eher "Der Buchladen der Florence Green" im Wilden Westen, als "Der mit dem Wolf tanzt" für Frauen. Schade. (USA/102 Min.)

Verwandte Themen


Keine Kommentare