"Isle of Dogs": Wenn Hunde die besseren Menschen sind

11.5.2018, 09:00 Uhr

© Twentieth Century Fox

In einer nahen Zukunft bricht in dem Moloch Megasaki City eine Hundeseuche aus. Die kommt dem katzenliebenden, autoritär regierenden Bürgermeister Kobayashi gerade recht: Per Dekret und gegen alle Widerstände veranlasst er, dass alle Wuffis der Stadt auf eine nahegelegene Müllinsel verbannt werden.

Doch der zwölfjährige Atari mag sich damit nicht abfinden. Der Knirps klaut ein Flugzeug und macht sich auf nach Trash Island, um seinen geliebten Hund Spots zurückzuholen. Auf dem trostlosen, zugemüllten Eiland trifft er auf Rex, King, Duke, Boss und Chief, ein Rudel furchterregender, unverwüstlicher Alpha-Hunde, die ihm bei seiner Suche helfen. Doch auch in Megasaki City beginnt sich Widerstand zu formieren, angeführt von der amerikanischen Austauschstudentin Tracy.

"Isle Of Dogs" — nach "Der fantastische Mr. Fox" der zweite Stop-Motion-Film von Wes Anderson ("Grand Budapest Hotel") — fängt stark an, hält den Spannungsbogen nach hinten raus aber nicht ganz straff. Trotz einer etwas mauen Auflösung funktioniert das Abenteuer jedoch wie jeder gute Trickfilm als tiefsinnige Fabel/Parabel mit sozialer Note und politischem Unterton ebenso wie als blanke Unterhaltung.

Der Clou im englischen Original ist die unglaubliche Besetzung, die man in diesem Fall nicht sieht, sondern nur hört: Als Sprecher konnte Anderson Schauspielgrößen und Stammschauspieler wie Bill Murray, Edward Norton, Jeff Goldblum, Tilda Swinton, Scarlett Johansson, Harvey Keitel und Greta Gerwig verpflichten. Dagegen kann die deutsche Synchro bei aller Sorgfalt nur abstinken.

Doch auch sonst sucht und geht der US-amerikanische Regisseur erneut seine eigenen Wege. So ist "Isle Of Dogs" ganz bewusst auch eine Absage an den Look der großen Trickfilm-Schmieden wie Pixar ("Toy Story", "Findet Nemo") oder auch Aardman ("Wallace & Gromit", "Shaun das Schaf"). Um sich von deren computeranimierter Perfektion abzuheben, setzt Anderson auf handgemachte Optik und arbeitet zum Teil mit Wattebäuschchen und Butterbrotpapier. Und: Hier darf es ruckeln.

Old-School-Charme

Bei der Stop-Motion-Technik werden Puppen Bild für Bild minimal verändert, abfotografiert, dann wieder verändert, abfotografiert undsoweiter. Statt der üblichen 24 Bilder pro Sekunde verwendete Anderson in "Isle Of Dogs" jedoch nur zwölf Bilder pro Sekunde, was seinem Film einen dezent ruppigen Old-school-Charme verleiht. Da steckt ganz viel Liebe zum Detail drin, im selben Augenblick (etwa in den herrlich überzogenen Kampfszenen, bei denen alles in einer riesigen Staubwolke verschwindet, in der nur mal kurz ein Arm, ein Bein oder ein Zahn aufblitzen) aber auch Mut zur Verfremdung.

Schließlich ist "Isle Of Dogs" auch eine Verneigung vor dem japanischen Kino. Dass der menschliche Held Atari oder auch Bürgermeister Kobayashi ausschließlich japanisch sprechen (und interessanterweise beide nicht sonderlich sympathisch wirken), stört nicht. Da hat sich der Film längst schon unauffällig auf die Seite der lässigen, mit trockenem Humor ausgestatteten Vierbeiner geschlagen, die hier die besseren Menschen sind. Der Filmtitel gibt die Richtung vor: Ausgesprochen klingt "Isle Of Dogs" wie "I Love Dogs", und genau das ist der neue Wes Anderson — eine Liebeserklärung. (USA/102 Min.)

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