"Leaning into the Wind": Die Natur als Kunstobjekt

14.12.2017, 09:00 Uhr

© Piffl

Die beiden – Künstler und Dokumentarist – hatten anfangs Bedenken, die weltweite Fangemeinde ihres ersten Hits "Rivers and Tides" mit einem zweiten Anlauf zu riskieren. Doch Goldsworthys Kunstobjekt ist die Natur, das sich permanent Verändernde schlechthin, was gab es da also zu befürchten. Weiser ist er allerdings nach eigenem Bekunden nicht geworden, der Mann, der sehr pittoresk durch Hecken klettert, um einen anderen Blick auf die Welt zu bekommen. Die Begründung seiner Kunstunternehmungen bereite ihm zunehmend Schwierigkeiten, ganz anders als damals, als er als junger Absolvent der Kunsthochschule von Lancashire seine Arbeiten in Angriff nahm.

Man kann es ihm nachfühlen. Die Erklärung von Land-Art, die sich für Goldsworthy längst auch auf die Stadt-Landschaft erstreckt, bekommt oft einen esoterischen Unterton. Geht es doch um Dinge in der Natur, die einen so direkt berühren, dass man versucht ist, auf sie aufmerksam zu machen, sie zu verändern oder nachzuahmen. Man muss Goldsworthys Naturkunststücke gesehen haben, um zu begreifen, was er geduldig und in sympathischer Hilflosigkeit beschreibt. Was die "Hilfskünste" Film und Foto unverzichtbar macht, obwohl sie erstaunlicherweise genau wie der finanzielle Aspekt von Goldworthys Arbeiten nicht thematisiert werden.

Der begeisterte Naturfex und Selbsthandanleger beginnt mit dem Gelb nasser Ulmenblätter, die Bruchstellen im Holz oder in Treppen nachzeichnen. Dazwischen legt er sich immer mal wieder aufs Pflaster, um bei Regen die eigenen Umrisse für Sekunden festzuhalten. Oder er baut in St. Louis Steinbogen-Labyrinthe, Baumstamm-Iglus in Frankreich, Felsbrockenbehausungen, die ungeheuer aufwendig und kostspielig sind. Sie berühren auf dieselbe zarte Weise, wie der tatsächlich selbst gespuckte Blütenregen, die vom Künstler selbst geschüttelte Blütenstaubwolke oder seine selbst vorgeführte Illustration eines geglückten Lebens als die eines Menschen, der im Gegenwind an einer Hügelkante nahezu waagrecht steht. Unbedingt ansehen! (Schottland/Deutschland/93 Min.)

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