"Original Copy": Ein Fall für Nostalgiker

9.3.2017, 08:00 Uhr

© W-Film

Wie hat sich das Kino in seinen über 120 Jahren verändert – und doch, es lebt noch immer. Auch, wenn unterwegs so einiges an Personal verloren ging. Platzanweiser, Filmplakatmaler und Boten, die die Filmdosen bringen und wieder abholen, sind nur drei Beispiele für Jobs, die spätestens im Zuge der Digitalisierung weggefallen sind. Doch im fernen Mumbai gibt es sie noch. Im "Alfred Talkies" im Herzen der westindischen Hafenstadt rattern nach wie vor die alten Analog-Projektoren und zaubern bunte Bollywood-Träume, die das Publikum für zwei Stunden seinen tristen Alltag vergessen lassen.

Sheikh Rehman hockt derweil im Hinterstübchen, raucht wie ein Schlot und pinselt von Hand die riesigen Werbebanner, die draußen auf der Straße für die laufenden B-Movies werben. Es ist Teil des Spiels, dass der alte Mann und sein Team die Leinwandabenteuer auf den Plakaten manches Mal ein wenig größer machen, als sie sind. Kino in Indien läuft streng publikumsorientiert, da muss viel geschossen, gerauft und offensiv geliebt werden. Trotzdem gehen die Besucherzahlen im "Alfred Talkies" von Monat zu Monat zurück. Einen Plan B gibt es nicht, weshalb das Team einfach weitermacht – so lange, bis eines Tages die Lichter ausgehen.

Mit "Original Copy" haben Georg Heinzen und Florian Heinzen-Ziob dem "Alfred Talkies" ein filmisches Denkmal gesetzt. Sie haben mit dem Theaterleiter gesprochen, der in seinem fensterlosen Mini-Büro mit den Tränen kämpft, und mit der Besitzerin, die das Kino von ihrem Großvater geerbt hat und mit dem Haus ihre ganz persönliche Emanzipationsgeschichte im männerdominierten Indien verbindet.

Das Hauptinteresse der Regisseure gilt jedoch dem alten Filmplakatmaler, auf den sie den Schwerpunkt der Dokumentation legen – und sich ihm über Gebühr widmen. Das ist auch das Problem: Nach einer Stunde ist die Geschichte durch und alles erzählt, doch der Film geht noch weiter. Mit dem Effekt, dass sich die Bilder, Motive und Inhalte wiederholen.

Trotzdem ist das "Alfred Talkies" freilich ein wunderbares Thema für eine Doku. Und ein klarer Fall von Nostalgie, für die man als Cineast ja per se anfällig ist. In diesem Sinne: Augen, Ohren und Herzen auf für diese langsame, sehr verdienstvolle Liebeserklärung an das Kino einer längst vergangenen Zeit. (D/95 Min.)

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