"Vakuum": Härtetest für die Liebe

14.3.2019, 09:00 Uhr

© Real Fiction

Es ist ein Anruf, dem Meredith (Barbara Auer) erst keine große Bedeutung beimisst, der ihre heile Welt zum Einsturz bringt. Vor wenigen Tagen hat sie Blut gespendet, der Arzt bittet sie, in seine Praxis zu kommen, um ihr mitzuteilen, dass der Verdacht auf HIV besteht. Meredith widerspricht energisch, sie sei gesund, das müsse ein Irrtum sein. Doch als ein zweiter Test die Diagnose bestätigt, beginnen in ihr die Zweifel an der Treue ihres Mannes (Robert Hunger-Bühler) zu nagen.

Die Fallhöhe, die die Schweizer Regisseurin Christine Repond für ihr Paar konstruiert hat, könnte größer kaum sein. Der erfolgreiche Architekt und seine schöne Frau, die sich in der noblen Designervilla mit großem Garten fürsorglich um alles kümmert, auch um die Enkelkinder, die oft zu Besuch kommen, sind mit der klassischen Rollenverteilung bestens zurechtgekommen. Wie liebe- und vertrauensvoll ihre Beziehung ist, zeigt der Film gleich zu Beginn.

Und jetzt ist mit einem Schlag alles infrage gestellt. Mit jemandem zu reden, wagt Meredith in ihrem gutsituitierten Milieu nicht. Sie schäme sich so, sagt sie dem Arzt. Irgendwann folgt sie André heimlich mit dem Wagen – bis zu einem Bordell. "Du fickst Nutten. Ich bin HIV-positiv", schreit sie ihn voller Zorn an. Als Meredith ihn aus dem Haus wirft, wird die Festung ihres gemeinsamen Lebens zu einer Höhle der Einsamkeit.

Mit nicht mehr Worten als nötig und ohne jede gefühlsverstärkende Musik montiert Christine Repond in ihrer sachlich reduzierten Regie Momentaufnahmen eines Lebens, dessen Fundament zerbrochen ist, zu einem hochspannenden Kammerspiel. Barbara Auer verkörpert die tief verletzte Meredith mit großartiger Sensibilität. In der Selbsthilfegruppe gesteht sie ihre Angst vor der Krankheit und dass es ein Irrtum sei, zu denken, es könne alles so bleiben wie es vorher war.

Dabei will sie nichts lieber als das, ebenso wie André. Für beide ist ein Leben ohne einander unvorstellbar. Auers Spiel und Reponds Regie zeigen das äußerst eindringlich. Als Meredith ihren Mann wieder einziehen lässt, beschließen sie, keine Geheimnisse mehr zu haben. Sie erzählen den Töchtern von ihrer HIV-Infektion. Doch bevor André den Grund nennen kann, kommt Meredith ihm mit einer Lüge zuvor. Liebesbekenntnis oder der Scham geschuldet? Repond lässt offen, ob Versöhnung nach einem solchen Vertrauensbruch möglich ist. (D/CH/80 Min.)

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