Friedhofsbesuch der anderen Art in Zirndorf

25.11.2014, 06:00 Uhr
Friedhofsbesuch der anderen Art in Zirndorf

© Florian Burghardt

Es ist ein grauer, kühler November-Nachmittag. Zwar regnet es nicht, dennoch bleiben die meisten Menschen bei einem solchen Wetter lieber mit einer Tasse Tee auf der Couch im gut beheizten Wohnzimmer, als sich nach draußen zu wagen. An solchen Tagen trifft man auf dem evangelischen Friedhof an der Nürnberger Straße normalerweise nur wenige Angehörige, die treusorgend und im Stillen ihrer Grabpflege nachgehen, sowie ein paar Katzen, die auf Samtpfoten um die Marmorränder der letzten Ruhestätten balancieren.

Doch heute ist alles etwas anders als normalerweise. Während eine 15-köpfige Gruppe von Grab zu Grab spaziert und dabei immer wieder stoppt, um Anekdoten zu lauschen, besichtigen fünf weitere Besucher die Aussegnungshalle. Direkt hinter dem Gebäude wurde für den Tag der offenen Tür ein kleines Café eingerichtet, in dem sich etwa zwei Dutzend Menschen bei Kaffee und Kuchen über ihre Erlebnisse austauschen.

„Der Friedhof soll auch ein Ort für die Lebenden sein. Zudem steckt viel Geschichte hinter den Gräbern, die wir den Zirndorfer Bürgern wieder bewusst machen möchten“, erklärt Markus Kaiser, geschäftsführender Pfarrer der Sankt-Rochus-Gemeinde, die Idee hinter der Veranstaltung. Über 2000 Grabstellen bieten hier Platz für Erd- und Urnenbeisetzungen. Momentan sind diese aber bei weitem nicht alle besetzt. Häufig sind brachliegende Lücken zwischen den Gräbern zu sehen. „In letzter Zeit entscheiden sich die Hinterbliebenen immer häufiger für die günstigeren und weniger zeitintensiven Urnengräber“, sagt Kaiser und gibt ehrlich zu: „Natürlich würden wir uns wünschen, dass wieder mehr klassische Erdgräber belegt wären und mehr Menschen hierher kommen würden.“

Dazu sollen zukünftig Veranstaltungen wie die heutige beitragen. Denkbar wäre laut Kaiser auch ein dauerhaftes Café auf dem Friedhofsgelände, wie es andere Gemeinden in ganz Deutschland bereits haben. Aber auch der erste Tag der offenen Tür wurde überraschend gut angenommen. Denn obwohl kaum geworben wurde, sind rund 50 Besucher gekommen, um an den Führungen durch den Betrieb und entlang der Gräber teilzunehmen.

Aus der Gruppe etwas heraus stechen — aufgrund ihres Alters — Lisa Kaminski und Adrian Wambach (beide 21). Die beiden Zirndorfer sind hier, um sich intensiv mit diesem Ort auseinanderzusetzen, auf dem auch Familienangehörige begraben liegen. Hin- und hergerissen fühlen sich die beiden jungen Menschen von den Erd- und Urnengräbern. „Natürlich muss man sich ein Erdgrab erst einmal leisten können. Dafür ist es auch ein schönerer Anlaufpunkt als das Fach für die Urne“, findet Kaminski.

Ihrem Wissensdurst gefolgt ist Marlene Aulich. „Ich bin hergekommen, weil ich mich für die Geschichten der Gräber interessiere, mich damals aber nicht zu fragen getraut habe“, erinnert sich die 75-jährige Zirndorferin. Mit „damals“ meint Aulich die Zeit, in der sie als junges Mädchen im örtlichen Kirchenchor gesungen hat. Häufig sang sie damals auch auf Beerdigungen in der Aussegnungshalle und wollte stets wissen, was sich hinter den verschiedenen Türen verbarg. „Einen Teil meiner Neugier konnte ich heute endlich stillen“, meint sie erfreut.

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