Haberkamm begeistert mit fränkischem Dialekt

6.10.2015, 15:17 Uhr
Haberkamm begeistert mit fränkischem Dialekt

© Erich W. Spieß

„Ich musste erst ins Ausland gehen, um meine Liebe zur Heimat und zum fränkischen Dialekt zu entdecken“, erzählt Haberkamm im proppenvollen „Riedner“ und gibt den Erinnerungen an die Kindheit im dörflichen Franken breiten Raum. Damals war der Bücherbus ein ganz besonderer, monatlich wiederkehrender Höhepunkt im Leben des Buben, und das Radio, quasi wie im Herrgottswinkel leicht erhöht an der Wand, das groß bestaunte Tor zur Welt da draußen.

Das Wenige, das man hatte, machte einen bescheiden, so Haberkamm, aber eben auch sensibel, denn sorgsamer Umgang damit war geboten. Was ihn besonders geprägt hat, waren die Erzählungen der Eltern und älteren Generationen, etwa die spannenden Legenden aus dem Dorfwirtshaus, bei denen der „alde Debb“ die weiblichen Zuhörer natürlich ganz besonders erfreute.

Poetische Mundart

In Haberkamms Gedichten und Texten steht oft scheinbar Unwichtiges im Mittelpunkt, mit seinen genauen Beobachtungen stößt er aber immer auf Wesentliches. Und das gelingt ihm vor allem auch durch seinen feinen Humor, seine spürbar liebenswerte Vertrautheit mit seiner fränkischen Vergangenheit – und seine poetische Dialektform.

Helmut Haberkamm wurde 1961 in Dachsbach im mittelfränkischen Aischgrund geboren. Aufgrund der Kindheit auf dem elterlichen Bauernhof wurde die Aischgründer Mundart dieser Karpfen- und Krengegend für ihn zur ersten, eigentlichen und wahrhaft eigentümlichen Sprache. Es folgten Gymnasium in Neustadt/Aisch, Zivildienst und schließlich das Studium der Anglistik, Amerikanistik und Germanistik in Erlangen und Swansea (Wales). 1991 schloss die Doktorarbeit diesen Lebensabschnitt ab. Haberkamm arbeitet seit 2001 am Emil-von-Behring-Gymnasium in Spardorf. Mit seinem Debütband „Frankn lichd nedd am Meer“ betrat er 1992 die literarische Szene in Franken – und feierte damit sofort einen erstaunlichen Erfolg. 1993 erhielt er den Bayerischen Kulturförderpreis für seine neuartige Dialektpoesie.

Vielschichtige Themen

Vielschichtig sind sie, die Themen der Texte Haberkamms. Etwa beim Droll aus Emskirchen, der zwar falsch gewickelt war, aber doch richtig lag. Durch ein Versehen beim Bahnfahren landet er in Würzburg und findet anstelle seines Cousins eine Frau, die genauso heißt wie dieser. Sie kommen ins Gespräch und einige Jahre später sind sie verheiratet, haben zwei Kinder und Droll einen guten Job bei der Bahn. So kann es gehen im Leben … Gar nicht schön war das Schicksal der Leni vom „Goldenen Lamm“: Der Flüchtlingsjunge, in den sie sich verliebt hatte, war den Eltern nicht genehm – und Leni blieb eine einsame Frau. Wohlgemerkt: eine wahre Begebenheit aus den Nachkriegsjahren.

Aus der Abteilung „Rückblicke“ kam auch sein entwaffnender Hinweis: „Das Frühjahr war in meiner Kindheit die Zeit der Blüte – jetzt ist es die Zeit der Allergien.“ Und auch die Erinnerung an die ganz und gar nicht lustigen Standardbemerkungen der Eltern: „Dou konnsd eds nu neiwachsn“, wenn mal wieder das Kleidungsstück zwei Nummern zu groß gekauft wurde.Herzerfrischend sind sie, die Einblicke ins typisch fränkische Lebensgefühl. Da erklärt er etwa mit dem „Iebergangsjäggler“ absolut treffend eine durch und durch typische Eigenart dieses Menschenschlags: „Hald a weng su, abber a a weng andersch …“ Das sind die besonderen Feinheiten seines Dialektes, seines liebevollen Blicks auf seine Mitmenschen und ihre Welt.

Das Publikum war begeistert und bekam noch einen Rat mit auf den Heimweg: „Frangn is a Draum, ned mehr, abber a ned wenger – machd wos draus!“

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