Im Tal der Tränen

21.4.2016, 19:37 Uhr
Im Tal der Tränen

© Foto: Felix Broede

Die erste Empfehlung für „Signum“ ergibt sich schon aus dem Programm: deutlich aufgeteilt zwischen südafrikanischer Kammermusik und deutscher Spätromantik. Das gegenwärtige Problem wird schnell deutlich: die etatmäßige erste Geigerin ist gerade Mutter geworden, Priya Mitchell als Ersatz zeigt sich streckenweise noch wenig integriert, ein bisschen orientierungslos, vielleicht indisponiert.

Aber man hat einen Bratscher, Xandi van Dijk, der ein in Kapstadt entstandenes, in Amsterdam uraufgeführtes Stück seines Vaters Peter Louis van Dijk mitbringt. Der lebt inzwischen ein paar hundert Kilometer weiter östlich im kricketversessenen Port Elizabeth, sein Quartett heißt „iinyembezi“, was in der Xhosa-Sprache „Tränen“ bedeutet.

Natürlich passte das gut zu der John-Dowland-Bearbeitung, die man zuvor spielte: „lachrimae antiquae“. Mit leisen Seufzern und genauso leise flirrenden Geigentönen beginnt das Stück ohne alle folkloristischen Anklänge. Der Bratscher führt sich bald mit einer immer wieder variierten Figur ein, unterschwellige Spannung beherrscht alles. Direkt innovativ klingt das nicht, wird vom Signum-Quartett aber mit Hingabe gespielt: die geheimnisvoll-beschwörenden Passagen der ersten Geige, die interessante Cellogrundierung, dann doch einige Südafrika-Anspielungen, etwa die Rundhütten der Xhosa als geheimnisvoll sirrende Geisterhäuser – der Widmungsträger Xandi wusste sicher, was sein Vater als Komponist wollte.

Haydn hätte sich vielleicht über den edlen Kammermusikstil des Signum-Quartetts für sein op. 20/5 gefreut. Dem hört man eine feine Analyse an, aber auch die Rückkehr zu einem eher antiquierten Interpretationsstil, zu allzu temperiertem Mittelmaß: ein Seminar über die Entwicklung der Quartettkunst. Nur ganz kurz lodert im Finale die Flamme auf, die das ganze Quartett über hätte brennen können.

Nach der Pause, also nach dem „Tal der Tränen“, jetzt mit dem Gast Nils Mönkemeyer, legte man deutlich den Schalter um: zwei ungarische Tänze von Brahms in einer Bearbeitung des Star-Bratschers waren mit herrlicher Ironie gewürzt, mit Schmalz, Schwermut und passender Mimik. Das war der Kick, den der Abend brauchte – und das Streichquartett op. 111 bekam plötzlich mehr Energie, die Ersatzprimaria vermehrtes Potenzial, der Cellist Thomas Schmitz zeigte sich weit von der bisherigen Unauffälligkeit entfernt. Und Mönkemeyer war das kommunikative und klangliche Zentrum: nicht ganz ungefährlich, sich so einen Partner einzuladen. . .

Das Signum-Quartett tritt am 12. Juni zusammen mit Jörd Widmann im Fürther Stadttheater auf.

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