Ist Öko-Siedlung bei Kornburg ein Etikettenschwindel?

11.10.2013, 08:14 Uhr
Ist Öko-Siedlung bei Kornburg ein Etikettenschwindel?

© Eduard Weigert

Nördlich des Bruckwegs in Kornburg soll, wie berichtet, auf rund 3,8 Hektar Ackerfläche in Kürze ein neues Öko-Wohngebiet mit 130 Häusern entstehen. Geplant wird das schon seit Jahren. Kernpunkt der, so die Stadt, neuartigen „energieeffizienten Bauleitungplanung“ soll ein zukunftsweisendes Energiekonzept sein. Die Versorgung der Häuser erfolgt demnach über kleine, zum Teil dezentrale Brennwertkessel, die mit Gas beziehungsweise Holzpellets befeuert werden.

Vorgesehen sind Häuser, die den Energieeffizienzklassen 85 bis 40 entsprechen. Außerdem ist ein ökologisches Entwässerungskonzept vorgesehen. Niederschlagswasser soll in den Gaulnhofer Graben geleitet werden.

Wenn das alles ist, sei das ziemlich dünn, heißt es beim Nürnberger Energiewendebündnis, das sich in einem Brief an das Stadtplanungsamt mit dem Vorhaben befasst. Ein Pilotprojekt, das unter der Überschrift „Öko-Siedlung“ läuft, müsse da schon anderen Ansprüchen genügen, meint Harald Oelschlegel vom Bündnis enttäuscht.

Ihre Kritik macht die Initiative unter anderem an folgenden Punkten fest: Das Energiekonzept stammt von der N-Ergie Effizienz GmbH, ein Tochterunternehmen der N-Ergie Aktiengesellschaft. Darin enthalten ist eine detaillierte Wirtschaftlichkeitsberechnung der Versorgung. Finanzierbar ist das alles aber nur, wenn sich die Häuslebauer beziehungsweise Käufer zum Anschluss ans N-Ergie-Netz verpflichten und gleichzeitig auf zusätzliche Wärmequellen wie Solarthermie und Holzofen verzichten. Harald Oelschlegel: „Ein völlig falscher Denkansatz. Das Unternehmen hat nur die eigenen Gewinne im Blick. Stattdessen sollte die Wirtschaftlichkeit für die künftigen Bewohner und die Ökologie dort im Mittelpunkt stehen.“ Der erzwungene Verzicht auf Solarthermie oder andere alternative Wärmequellen sei grundfalsch und angesichts der laufenden Energiewende ein „Schildbürgerstreich“.

Unerklärlich ist dem Energiewendebündnis, warum bei der Planung nicht gleich auf Passisvhaus-Standard im ganzen Baugebiet gesetzt wird. Das würde nicht nur die Planung des Wärmebedarfs der gesamten Siedlung vereinfachen. Durch den Einsatz von Photovoltaikanlagen könnten die Eigenheime dort sogar Zug um Zug in Plusenergiehäuser umgewandelt werden. Das bedeutet, die Haushalte benötigen eigentlich überhaupt keine Energie von außen. Im Gegenteil, sie könnten sogar welche produzieren und ins Netz einspeisen.

Verstoß gegen Beschluss

Letztendlich verstoße die gesamte Planung auch gegen einen Beschluss des Umweltausschusses vom Januar dieses Jahres. Danach sollen in Bebauungsplanverfahren künftig nur noch Energiekonzepte umgesetzt werden, die CO2-neutral sind.

Siegfried Dengler, Leiter des Stadtplanungsamtes, weiß um die Schwächen des Konzepts für Kornburg-Nord. Die entscheidenden Gutachten seien bereits mehrere Jahre alt und müssten überarbeitet werden, sagt er auf Anfrage des Stadtanzeigers. Dies soll in der nächsten Woche geschehen. Dengler: „Wir müssen uns fragen, ob das alles noch zeitgemäß ist.“

Die Kritik des Bund Naturschutz (BN) an Kornburg-Nord zielt in eine ganze andere Richtung. Neue Siedlungsbereiche, so der derzeit amtierende BN-Geschäftsführer Wolfgang Dötsch, müssten in der Nähe von leistungsfähigen Nahverkehrsangeboten liegen. In Kornburg gebe es zwar Überlegungen für eine Stadtbahn. Doch das sei Zukunftsmusik.

Die Anwohner am Bruckweg gehen auf die Barrikaden, weil sie erhöhte Lärmbelastungen durch Autoverkehr zum Wohngebiet befürchten. Dazu soll es noch einmal eine Information geben, sagte Oberbürgermeister Ulrich Maly bei einem Gespräch vor Ort zu. Der Servicebetrieb Öffentlicher Raum (Sör) wird laut Stadtplanungsamtschef Siegfried Dengler neue Lärmberechnungen vorlegen.

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