Junge Fränkin tritt nur verschleiert auf

4.11.2010, 06:05 Uhr
Junge Fränkin tritt nur verschleiert auf

© Ralf Rödel

Im Flur steht eine Frau, von Kopf bis Fuß schwarz verschleiert. „Sind Sie allein?“, fragt Zahra Faisal. Als die Besucherin bejaht, nimmt die 32-Jährige ihren Gesichtsschleier und die schwarzen Handschuhe ab: „Vor einer Frau muss ich mich nicht verschleiern.“ Zum Vorschein kommen gepflegte Hände, grünbraune Augen mit langen Wimpern und ein goldenes Nasenpiercing. Ihr Lächeln ist freundlich und etwas schüchtern. Ohne ihre Burka, den schwarzen Ganzkörperschleier, zeigt sich Zahra Faisal nur ihrem Mann.

Drei Jahre nach ihrer Hochzeit begann die damals 20-Jährige, sich zu verschleiern. „Es war meine eigene Entscheidung, die Burka zu tragen“, betont die Muslima. „Mein Mann — er leitet die Personalabteilung eines Pharmakonzerns — war eher skeptisch, als ich ihm davon erzählt habe und wollte mir das ausreden.“ Voll verschleierte Frauen gehören in Pakistan nämlich nicht zum Bild. Die meisten kleiden sich einfach nach der arabischen Mode. Doch Zahra Faisal findet den Schleier hübsch und bequem. „Ich fühle mich beschützt, und außerdem ist die Burka praktisch“, erklärt sie. „Ich war schon immer ein Modemuffel — und so habe ich keine Probleme bei der Kleiderwahl. In Deutschland erntet sie mitunter befremdliche Blicke, wenn sie verschleiert auf die Straße geht. Manche starrten sie an, andere geben gehässige Kommentare.

Ihr Interesse für den Islam hat ein Kapitel im Religionsunterricht am Gymnasium geweckt. Damals war Sabine Baintner zwölf Jahre alt. Ein gutes Jahr später konvertierte sie zum mohammedanischen Glauben, ihrer Mutter erzählte die Schülerin erst hinterher, dass sie jetzt Muslima sei.

1993 reisten Mutter und Tochter gemeinsam nach Pakistan, wo Bekannte der Familie leben. Hier verliebte sich Sabine Hals über Kopf — in das Land und in Faisal. Die 17-Jährige wanderte aus und heiratete ihre große Liebe in einer Moschee. Ihren Vornamen änderte sie in Zahra, den Namen ihres Mannes — Faisal — nahm sie an. „In meinen Papieren steht Sabine Baintner, aber ich habe mich als Sabine ohnehin nie wohl gefühlt.“

Auf dem Weg zur Gelehrten

Sorgen wegen des traditionellen Frauenbildes hat sich die Muslima nie gemacht, wie sie beteuert. Die Rollenverteilung in Pakistan sei natürlich sehr konservativ, so die gebürtige Forchheimerin, die meisten Frauen seien Hausfrauen. Doch die Deutsche hatte sich in den Kopf gesetzt, eine Koranschule zu besuchen und Islamwissenschaften zu studieren. Neun Jahre lang bemühte sich Zahra Faisal vergeblich, seit einem Jahr hat sie einen Studienplatz. An zwei Tagen pro Woche unterrichtet sie sogar selbst an der Hochschule. Nach ihrem Studium will sie eine Alimah werden, eine islamische Gelehrte. „Ich kann dann predigen, schreiben oder unterrichten“, sagt die Studentin.

Vom Alltag in Deutschland bekommt die junge Frau nicht mehr viel mit — obwohl sie nach wie vor deutsche Staatsbürgerin ist. Doch von der Rede des Bundespräsidenten und seinem Zitat „Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland“ hat sie selbst im fernen Karachi gehört. „Darüber habe ich mich sehr gefreut“, sagt sie, „das spricht für Toleranz“.