KulTour: Nürnberger Taxifahrer erkundet die Unterwelt

16.8.2014, 08:00 Uhr
KulTour: Nürnberger Taxifahrer erkundet die Unterwelt

© Foto: privat

Doch wie kommt ein Taxifahrer aus Nürnberg dazu, Bücher über den Bergbau im Erzgebirge zu schreiben? Da muss man ein wenig ausholen.

Nach der Schule absolvierte Frank Ihle eine Lehre als „Facharbeiter für Bergbautechnologie in der Spezialisierungsrichtung Vortrieb und Abbau“ — und arbeitete als Sprenghauer unter anderem in der Zinngrube in Ehrenfriedersdorf und in der Uranproduktion bei der Wismut, dem tiefsten Schacht Europas (1800 Meter). „Beim Sprengen sind wir ab und zu auf vergessene Stollen und jahrhundertealte Strecken gestoßen“, erzählt der 49-Jährige mit leuchtenden Augen. „Ich fand das immer ungeheuer spannend: Etwas, das nirgendwo kartografiert war! Und dort dann zu sehen, wie die Bergleute früher gearbeitet haben . . .“

Oft waren die Jahreszahlen, die einst der Steiger in die Wand eingemeißelt hat, der einzige Hinweis auf das Alter der Stollen. Und der Quartalswinkel, an dem man ablesen konnte, wie weit die Bergleute damals im Quartal vorwärtsgekommen sind. Ohne Sprengstoff und alles von Hand waren das oft nur drei bis sechs Meter im Jahr in den Fels hinein, was freilich beachtlich ist.

So ist aus dem Beruf ein Hobby geworden. Eigentlich wollte Frank Ihle auf seine Bergmann-Ausbildung ein Fachstudium draufsatteln. Doch dann fiel die Mauer, und die Gruben in Ostdeutschland wurden eine nach der anderen wegen Unrentabilität geschlossen.

„Die Arbeitssituation nach der Wende war verheerend, deshalb ging ich damals nach Nürnberg. Ich hatte Verwandtschaft in der Stadt, die meinten ,komm her, wir finden hier schon etwas für dich!‘.“ So machte der Mann aus Sachsen 1997 in Franken seinen Taxischein — und ist geblieben. Seinen Job auf der Straße mag er, vor allem wegen der viele interessanten Menschen, die er täglich kennenlernt. Bekanntlich spart so ein Taxialltag mindestens ein halbes Soziologiestudium.

Geblieben ist die Faszination für historischen Bergbau. Doch Ihle steigt nicht nur regelmäßig in alte Gruben ein („der Bergmann begeht nicht, er fährt!“) — er schreibt auch darüber. Vor ein paar Jahren ereilte ihn der Ruf der Stadt Marienberg, eine Abhandlung über den Bergbau im Erzgebirge zu verfassen — und zwar so, dass der interessierte Tourist und der fachkundige Spezialist gleichermaßen bedient werden.

Im April 2012 präsentierte Frank Ihle sein Buch „Die Geschichte des Marienberger Bergbaus: Übersicht der wichtigsten Ereignisse“. Seither hat sich die schmucke Broschüre, in der es erstmals 3-D-Fotos aus der von Menschen geschaffenen Unterwelt zu sehen gab, so gut verkauft, dass nun eine erweiterte Neuauflage ansteht. Die erscheint kommende Woche — „mit neuen Fotos von Orten unter Tage, wo wir lange Zeit nicht hingekommen sind!“

Kontakt: www.papierflieger-verlag.de

KulTour-Tipps: Wanderfreunden empfiehlt Frank Ihle den Dr.-Richard-Sauber-Weg vom Steinbrüchlein über Worzeldorf und Kornburg nach Wendelstein. „Da kommt man im Wernloch vorbei, einem Steinbruch, in dem man an drei Stellen Mineralien finden kann. Das ist wunderschön da, nicht zuletzt, weil die Natur völlig sich selbst überlassen ist und der Mensch nicht rumgepfuscht hat. Hinterher kann man im ,Gasthaus zum Weißen Lamm‘ in Kornburg einfallen, wo es feine fränkische Küche gibt.“

Fans historischer Bücher empfiehlt Frank Ihle den Roman „Der Hochzeitsring“ von Henry Köhlert, der ins mittelalterliche Erfurt entführt und um den dortigen Domschatz kreist.

Musiktipp: Der Gregorianik-Pop von „Gregorian“ – „geht immer!“

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