Abriss der Stadtmauer: Das steckt hinter der Forderung

17.5.2017, 18:43 Uhr
Die Mauer muss weg! Das fordert eine Nürnberger Kulturinitiative.

© Roland Fengler Die Mauer muss weg! Das fordert eine Nürnberger Kulturinitiative.

Kunst ist eine schwierige Sache: Man kann, ganz gedanklich und virtuell, die Welt ein bisschen weiterdrehen. Das haben der Kulturaktivist Tobias Lindemann und einige Mitstreiter gemacht: Auf der Internetseite "norisohnemauer.de" (die verspätet auch ein Impressum erhielt) stellen sie der Stadtregierung ein Ultimatum: Wenn bis 31. Mai kein "politisches Einlenken" erfolgt, werden die Initiatoren selbst Hand anlegen am Sandsteingemäuer.

Denn "als einzige Stadt seiner Größe hat es Nürnberg verpasst, sich im 18. und 19. Jahrhundert seiner Stadtmauer zu entledigen." Im Hinblick auch auf die Bewerbung als Kulturhauptstadt 2025 sei es an der Zeit, den herrschenden "Kleinmut, der sich lieber mit der ach so grandiosen Geschichte der Stadt beschäftigt, als gegenwärtige kulturelle Strömungen wahrzunehmen", zu beseitigen und die Mauer als dessen Symbol gleich mit.

Dass Nürnberg am 1. Juni ganz nackt ohne Mauer dastehen würde, glaubte wohl niemand, allerdings ist die einigermaßen absurde Idee reizvoll, um über die (vorhandene oder nicht vorhandene) Offenheit der hiesigen Kulturszene nachzudenken – und über heutige Verbreitungsmöglichkeiten solcher "Fake News" gleich mit. Doch mit der Ironie ist das immer schwierig und mit der Nürnberger Stadtmauer macht man keine Scherze, finden viele User. Mit so viel ernster Debatte hatten selbst die rund 15 Initiatoren nicht gerechnet.

"Die Reaktionen sind natürlich sachdienliche Beweise für unsere Thesen", sagt Lindemann jetzt. Dass Mauern in den Köpfen immer wieder eingerissen gehören, finden die Initiatoren, und wollen nicht nur eine Stadtplanungs-Debatte, sondern eine über die Fortschrittlichkeit der eher gemütlichen Frankenmetropole und ihrer Kunstszene anstoßen. Und ein bisschen testen, wie gut sich solche Nonsens-Geschichten in der Welt verbreiten lassen. Darum wird sich wohl der nächste Teil der Aktion drehen, den Lindemann ankündigt.

Den Aktivisten in Nürnberg — die sich wohlweislich namentlich bedeckt halten — ist zumindest gelungen, eine Aufregung zu provozieren, die manche dazu bringt, über ihre (längst nicht mehr originale) Mauer nachzudenken.

Und Christian Vogel zu dem bierernsten Text auf seiner Facebookseite zu animieren: "Die Stadtmauer ist und bleibt eines der bedeutenden Kunst- und Baudenkmäler der Stadt Nürnberg. In Europa einzigartig und ein wichtiges Symbol für Nürnberg. In Nürnberg soll und wird es auch in den nächsten 900 Jahren diese Stadtmauer geben. Dafür gilt es zu arbeiten."

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