Abschied von den Ratten

27.7.2015, 20:26 Uhr
Abschied von den Ratten

© Foto: Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath

Einen Hauptdarsteller (in Wahrheit sind es 150!) sollte man wirklich hochleben lassen: Der größte Opernchor der Welt, eben der Bayreuther Festspielchor, leistet in diesem „Lohengrin“ Eminentes. Denn es sind ja nicht nur die langen Schwänze und Krallenfüße, die ideale Stolperfallen bilden, sondern über weite Strecken müssen die Stimmgruppen durch akustisch nicht gerade vorteilhafte Gittermasken singen. Insofern galten dem Chor und ihrem Chef Eberhard Friedrich wieder die großen Beifalls-Sympathien des Publikums.

Der Applaus schwoll dann allerdings zum Orkan an, als Klaus Florian Vogt vor den Vorhang trat: Der Tenor ist einfach der Lohengrin unserer Tage und hat auch Jonas Kaufmann in dieser Partie überrundet. Seine Stimme verfügt genau über jene jugendlich-heldische Kernigkeit, die die Anstrengungen der einigermaßen hoch sitzenden Partie kaum spüren lassen. Gerade im 3. Akt ist nicht nur die „Grals-Erzählung“ zu stemmen, auch die Abschiedsszene „Mein lieber Schwan“ fordert noch einmal alle Piano-Reserven. Vogts vorbildliche, weil vom genauen Wortsinn herkommende Rhetorik tut ihr übriges.

An Annette Daschs einerseits sehr fraulicher, aber eben auch nicht nur passiver Elsa scheiden sich die Geister: Auf jeden Fall hat sie in ihrem Rollenprofil und in vokaler Dringlichkeit seit 2010 deutlich zugelegt.

Starke Leistungen zeigten auch der 38-jährige, aus Vilsbiburg stammende Bassist Wilhelm Schwinghammer (als im Grunde machtloser und von den verschiedenen Interessen umhergeworfener König Heinrich) und vor allem Petra Lang als furios durchtriebene friesische Druidin Ortrud. Übrigens war es Christian Thielemann, der die Frankfurterin 1991 nach Nürnberg engagierte, bevor sie nach Dortmund wechselte. Ihre Bayreuth-Karriere, die 2005 als Brangäne begann, dürfte im nächsten Jahr einen neuen Höhepunkt erreichen: Dann wird Lang die Kundry im neuen „Parsifal“, den Eric-Uwe Laufenberg anstelle von Jonathan Meese inszenieren wird.

Debüt für Alain Altinoglu

Das Bayreuth-Debüt des Franzosen Alain Altinoglu fiel nicht sehr überzeugend aus. Gerade im ersten Akt war manche Unsicherheit zu registrieren, auch wenn sich das Dirigat im Verlauf steigerte. Da ist noch einige interpretatorische Luft nach oben.

Bliebe noch Altmeister Hans Neuenfels. Der Regisseur machte seine Ankündigung von 2010 wahr, und ließ sich nie mehr auf dem Grünen Hügel blicken. Seine plausible Begründung: „Ich möchte unbedingt nicht in Bayreuth sterben.“ Versteht sich, dass er die vereinbarte Fünf-Jahres-Gage aber dennoch gerne überweisungstechnisch in Empfang nahm. . .

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