"Alles steht Kopf" im Leben einer Elfjährigen

1.10.2015, 11:57 Uhr

© Foto: Disney/Pixar

In schöner Regelmäßigkeit gelang dem Disney-Studio Pixar ein rares Kunststück: großen kommerziellen Erfolg mit grandiosem Einfallsreichtum zu verbinden. Auf dem Höhepunkt entstanden Meisterwerke des Animationskinos wie "Ratatouille", "Wall-E" und "Oben". Zuletzt kamen aus der Pixar-Schmiede aber nur noch semi-geglückte Fortsetzungen ("Cars", "Die Monster AG"). Mit "Alles steht Kopf" kehrt man unter der Regie von Pete Docter ("Oben") jetzt mit einer ganz neuen Geschichte und zu den alte Stärken zurück.

Dafür begibt sich der Film ins Bewusstsein eines Mädchens namens Riley, und die fünf Hauptgefühle bekommen ein putziges Gesicht (im Original mit prominenten Stimmen wie den US-Komikerinnen Amy Poehler und Mindy Kaling). Die rote Wut, die blaue Traurigkeit, die lilafarbene Angst, der grüne Ekel und die tonangebende, gelb strahlende Freude sind kleine Wesen in der Steuerungszentrale im Kopf der Elfjährigen. Wie auf der Brücke eines Raumschiffs lenken sie hier – bisweilen durchaus uneins in ihren Entscheidungen – sämtliche Erinnerungen und Gemütsregungen.

Gefühle außer Kontrolle

"Alles steht Kopf" verbindet dabei eine Innenschau mit einer äußerlichen Handlung: Während Riley sehr unglücklich über den Familienumzug von Minnesota nach San Francisco ist, geraten im Kopf ihre Gefühle außer Kontrolle. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die überschwängliche Freude und die dauerdeprimierte Traurigkeit aus der Kommandozentrale herauskatapultiert werden und zwischen der Abteilung für abstraktes Denken und dem Tal des Vergessens ihren Weg zurückfinden müssen. Die Idee, eine Geschichte aus dem Innern des Körpers zu erzählen, ist an sich nicht neu. Schon Woody Allen tat das mit hochkomischem Erfolg in "Was Sie schon immer über Sex wissen wollten". Doch wie in "Alles steht Kopf" auf sehr detailverliebt animierte Weise das Innenleben, dessen Abläufe und ganz abstrakte Begriffe verbildlicht werden – das ist so großartig wie originell.

Einblicke ins Bewusstsein

Was passiert im Gedächtnis mit Erinnerungen? Warum gehen immer wieder welche verloren? Wie entstehen Gefühle und Gemütszustände? Und warum kann es passieren, dass man manchmal einen Ohrwurm tagelang nicht los wird?

Die Odyssee, welche die beiden Emotionen Freude und Traurigkeit gemeinsam hinter sich bringen müssen, gibt diese Einblicke ins Bewusstsein als eine unberechenbare, charmante Tour durch einen von vielen eigenwilligen Figuren bevölkerten Freizeit-Themenpark wieder.

Die Botschaft dieses höchst unterhaltsamen, rasanten Films wird dabei ganz unaufdringlich transportiert: Am Ende steht die Erkenntnis, dass das mit den Gefühlen eine komplizierte Angelegenheit ist – und Freude und Traurigkeit untrennbar zusammengehören.

Im Kopf des Zuschauers bleibt – abgesehen von ein paar Tränen der Rührung – aber vor allem die Freude am Ruder. Weil "Alles steht Kopf" das Innenleben so einfallsreich, knallbunt und als großen surrealen Spaß ausmalt. Der originellste Pixar-Film seit "Oben". (USA/ 95 Min.; Admiral, Cinecittà, Nbg.; Cinestar, Erl.

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