Als Gartenlauben noch Puppenstuben waren

24.8.2007, 00:00 Uhr
Als Gartenlauben noch Puppenstuben waren

© Wilhelm Bauer

In Zeiten, in denen Gebrauchsgegenstände ohne Probleme entsorgt werden, ist das Laubenmuseum von Siegfried Förster ein Relikt. Denn der 77-Jährige hortet im von ihm betreuten Museum Gegenstände, die bei anderen Menschen längst im Müll gelandet wären: Küchengeräte wie eine Saftpresse, eine Kaffeemühle, einen Fleischwolf, einen Holzkohleherd, ein Spinnrad und ein hölzernes Butterfass. Auch Hirschgeweihe, ein mechanisch betriebener Rasenmäher, unzählige Bauernschränkchen und noch viel mehr zählen zu seinen Schätzen. Besonders stolz präsentiert er den «Donnerbalken», ein Plumpsklo aus Holz, das zu jeder Laube dazugehörte.

«Mir kommen hier nur alte Sachen rein, bloß nichts Neues», sagt Förster mit einem leicht drohenden Unterton in der Stimme. Jede Laube hat er mit Esstisch und Stühlen ausgestattet: Dort wurde damals gegessen. Wie in einer Puppenstube fühlt man sich bei der Besichtigung.

Aber eigentlich geht es ja nicht um die Gegenstände, sondern um den Ort, an dem sie aufbewahrt sind: Gartenlauben aus den goldenen Zwanzigern. Damals verbrachten manche Nürnberger ihre Freizeit bevorzugt in den schuhschachtelähnlichen Häuschen, die Menschen über 1,85 Meter heute nur noch mit eingezogenem Kopf und krummen Rücken besichtigen können. Denn beim Wiederaufbau war Förster gezwungen, die Sockel der Lauben abzusägen. Sie waren im Laufe der Jahre angefault, als die Hütten noch an ihren Ursprungsorten standen. Früher waren sie auf Kolonien des gesamten Stadtgebiets verteilt: Maiacher Straße und Fuchsloch, Kieslinghof und Kohlbuck, Bielefelder Straße und die Kolonie «Waldfrieden» in der Stadenstraße.

«1994 wollte man sie verfeuern», empört sich Förster über dieses seiner Meinung nach frevelhafte Ansinnen. Doch unter Mithilfe des damaligen Vorsitzenden der Nürnberger Kleingärtner, Hans Eschbach, wurden die Häuschen vor der Verschrottung bewahrt. In Hunderte von Einzelteilen zerlegt, transportierten Förster und seine Helfer sie auf das freistehende Gelände in der Karwendelstraße und bauten sie dort eins zu eins wieder auf .

1998 eröffnete das Laubenmuseum. So wie der 77-jährige gebürtige Ostpreuße Förster 1946 in Nürnberg eine neue Heimat fand, fand er im Laubenmuseum eine Aufgabe, in der er aufgeht. «Gartenarbeit ist das schönste, was es gibt», beteuert der Senior. Seinen kräftigen und wettergegerbten Händen sieht man es an. «Ich komme jeden Tag, gieße die Blumen und mähe den Rasen», sagt Förster

Jede Laube individuell

Akribisch genau geschnitten ist der Rasen auch im Nachbargarten, der zur Kleingartenkolonie Karwendelstraße gehört. Die wurde in den siebziger Jahren errichtet, ist aber nicht nach Försters Geschmack: «Eine wie die andere» sagt er und blickt spöttisch auf die neuen Hütten. «Früher war jede Laube individuell», erinnert sich der Rentner wehmütig. Für manchen Gast dürfte der Besuch des Laubenmuseums eine Reise in die eigene Kindheit sein. ANNETTE WALTER

Das Laubenmuseum, Karwendelstraße 30, öffnet jeden Samstag von 14 bis 17 Uhr, noch bis Oktober. Siegfried Förster ist unter 09 11/43 84 68 erreichbar.