Auch Paganini war schon Linkshänder

15.4.2018, 18:38 Uhr

Unter der Leitung der französischen Dirigentin Ariane Matiakh bereiteten die Nürnberger Symphoniker mit Debussys "Prélude à l’après-midi d’un faune" von 1894 das Publikum auf das bevorstehende Stimmungsbad vor. Bereits in diesem nur 10-minütigen impressionistischen Meisterwerk zeigte Matiakh, dass sie mit ihren klaren Gesten und Taktstock die Zügel des Orchesters gut in der Hand hielt.

Die Kunst, das Orchester zusammenzuhalten, erwies sich dann im zweiten Programmpunkt als besonders wichtig. Im Konzert für Violine und Orchester d-Moll des armenischen Komponisten Aram Chatschaturjan gibt es viele Synkopen und diverse Dialogstellen zwischen Solist und Orchester, die, wie auch die Übergänge, sehr gut gelangen.

Der junge serbische Solist Nemanja Radulovic wird als "Teufelsgeiger" gehandelt und könnte durchaus den Eindruck eines zweiten Paganini erwecken. Schlank, androgyn, ganz in schwarz gekleidet mit eng anliegender Hose und hohen Stiefeln, die wilden langen Haare mit einem schwarzen Haarband gebändigt passt sein Äußeres aber perfekt zur Interpretation von Chatschaturjans Musik.

Der Solist im Outfit des sportlichen Reiters (ohne Helm) galoppiert regelrecht durch die Landschaften des "Allegro con fermezza", trabt mit mehr Ruhe durch das "Andante sostenuto" und galoppiert dann als Teil der Kavallerie durch das militärisch anmutende "Allegro vivace".

Radulovic geht ganz in der Musik auf; er bewegt sich zu ihr und nimmt auch deutlich Augenkontakt zu seinen jeweiligen Dialogpartnern auf, wie etwa zur Klarinette im 1. Satz oder den ersten Violinen im 2. Satz. Zwischendurch wendet er sich auch direkt und lächelnd ans Publikum. Das Spielen macht ihm Spaß, und er ist nicht nur genial virtuos, sondern auch musikalisch differenziert und hat die Fähigkeit zu einem unglaublich feinen pianissimo. Auch die 5-minütige Kadenz im 1. Satz spielt er nicht nur technisch perfekt, sondern gestaltet sie musikalisch aus, nimmt sich Zeit für Verzögerungen oder Pausen. Seiner Geige hört er wie in einem intimen Gespräch zu.

Als Zugabe zeigt er mit Bach (und nicht etwa Paganini) noch einmal, dass ihm die musikalische Ausgestaltung eines Stücks wichtiger ist als reine Virtuosität. Lächelnd signiert er in der Pause seine CDs – als Linkshänder, womit er doch wieder eine Gemeinsamkeit mit dem Wundergeiger Paganini hat – der soll auch Linkshänder gewesen sein.

Die 5. Symphonie in Es-Dur von Jean Sibelius nach der Pause musste wegen eines Defekts am Instrument ohne das zweite Fagott auskommen, was sie auch tat. Die noch verbliebene Fagottistin bekam viel Extraapplaus, nicht zuletzt wegen der schönen Soli, und dem gesamten Orchester wurde wohlwollend applaudiert.

Ein Konzertabend, den man so schnell nicht vergessen wird!

Keine Kommentare