Ausflug ins Land des Lächelns

25.2.2018, 19:20 Uhr

Dies Blatt von einem Baum im Osten gibt geheimen Sinn zu
kosten", dichtete einst Goethe. Der sinfonische west-östliche Diwan, auf dem der Zuhörer Platz nimmt, bietet zur Einstimmung die Ouvertüre von Franz Lehars Operette "Das Land des Lächelns". Die Musik geizt nicht mit Dschingderassa-Bumm-Effekten und Zimbel-Geplinge wie zu Mozarts Zeiten die sogenannte "Janitscharen-Musik". Was die Ouvertüre auch deutlich macht: Letztendlich kommt es zu keiner echten Synthese aus westlicher und östlicher Musik, die Protagonisten der Operette trennen sich, da sie letztlich nicht zueinander finden können.

Nach dem Spektakel begeben wir uns mit Mendelssohns 2. Klavierkonzert auf tiefergründigen Boden. Ein eher selten gehörtes Werk, das zu Unrecht im Schatten der weiteren mendelssohnösen Werke steht. Ohne große orchestrale Vorrede stupst der Komponist den Pianisten ins Geschehen hinein – und der gibt ganz schnell die großen Linien an, denen das Orchester zu folgen hat. Haiou Zhang am Flügel gibt eine bravouröse Leistung im ersten und dritten Satz, gestaltet aber vor allem das Adagio des zweiten Satzes mit einem geradezu spätromantischen Schmelz.

Nach der Pause schließt der Hörer erste echte Bekanntschaft mit Chinas Musik. Das Klangbild der Guzheng – die Wölbbrett-Zither mit ihren nasalen Zupftönen – ist dem europäischen Hörer noch am ehesten vertraut. Drei Virtuosen des "Sounds of Nature
Guzheng Orchestra" liefern ein spannendes Terzett. Aus Schnarren und Rauschen, das man vielleicht als Meeresbrandung oder chaotischen Urstoff interpretieren kann, ersteht behutsam eine feine Melodie aus klar voneinander abgegrenzten Zupfklängen, die erst solo, dann als Duo und Trio immer weitere Kombinationen und Verästelungen eingeht und sich zu einem musikalischen Baumgewächs ausweitet.

Da wird gewimmert

Dieser einfühlsamen Vorstellung folgt ein kleiner Crashkurs zu chinesischen Instrumenten mit ihren Varianten von Laute, Gitarre, Violine und Flöte durch den Leiter des Ensembles, Xiao Chao. Zwei weitere Kompositionen zeichnen Stimmungsbilder: flirrende Klänge suggerieren ein Bild
von weiten Steppen, skizzieren eine Bühne, auf der sich ein dramatisches Geschehen vollzieht. Dabei besticht das Guzheng Orchestra durch den sehr differenzierten Einsatz seiner Instrumente; man errät ein äußeres und inneres Drama, glaubt, einer kompakten kleinen Oper beizuwohnen.

Am Ende steht das Zusammenspiel der Nürnberger Symphoniker mit dem Guzheng Orchestra. Die 1959 uraufgeführte Komposition "The Butterfly Lovers" von Zhanhao He und Gang Chen, schildert ein populäres Drama: zwei Liebende, die einander verfehlen und erst im Tode Vereinigung finden. In der Anlage greifen
He und Chen auf die Tondichtung der europäischen Romantiker von Liszt bis Strauss zurück, wobei das europäisch dominierte Orchester mit chinesischen Instrumenten angereichert wird. Tatsächlich gelingt den Komponisten über weite Strecken eine Synthese aus europäischen und chinesischen Musikidiomen.

Allen Instrumenten voran verleiht die Erhu als chinesische Violine den Protagonisten ihre Stimme und Ausdruckskraft. Wenn auch der europäische Zuhörer anfangs etwas Mühe hat, den eher wimmernden Klang der Erhu zu goutieren, so überzeugt ihn der Virtuose Xi Shu im Lauf der halbstündigen Spielzeit restlos. Ein spannender Abend, der Lust auf weitere Begegnungen mit dem Reich der Mitte macht.

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