Ausgrabung in Coburg : Ziemlich redselige "Stumme Serenade"

20.3.2017, 14:45 Uhr
Ausgrabung in Coburg : Ziemlich redselige

© Jan Eichhorn

Tja, was ist das nun? Eine Komödie mit Musikeinlagen? Ein Singspiel mit Opernanspruch? Oder doch das, was die Amerikaner unübersetzbar musical comedy nennen? In Coburg entschied man sich die "Komödie mit Musik" — wie sie ihr Autor nannte — als Operette zu promoten. In Wahrheit ist es von alledem nichts und doch ein wenig.

In Operetten dürfen die Handlungen schon einmal ziemlich absurd ausfallen, die krude Story aus der Feder von Victor Clement ist aber dermaßen bei den Haaren herbeigezogen, dass man schon beim Lesen denkt: "Was für ein Schmarrn!" Im Mittelpunkt steht die Schauspiel-Diva Silvia Lombardi, die mit dem neapolitanischen Ministerpräsident Benedetto Lugarini verlobt ist. Die eine überrascht ein Mann im Schlaf und raubt ihr einen Kuss, dem andern legt man eine Bombe unters Bett. Gesprächsthema ist allein der Besuch des Unbekannten bei der Filmdame.

Bis zum völlig hölzern konstruierten Ende wird ein Damenschneider inhaftiert, weil er sich nächtens auf Lombardis Grundstück herumgetrieben hat und dabei eine unhörbare Serenade gesungen haben will, tritt ein Kardinal auf, huschen Richter und Gerichtsdiener vorbei und darf ein Lokalreporter für Unruhe sorgen. Leider wird viel chargiert und holzschnittartig agiert und fehlt es vor allem an Charisma und Tempo bei den Darstellern.

Regisseur Tobias Materna hat den Plot von 1820 in die Entstehungszeit der vierziger Jahre des 20. Jahrhundert gebeamt und legt das Geschehen in und um die Drehbühne als Filmset an. Das war nicht unklug. Jedoch entpuppte sich die zähe Handlung nicht nur als vollkommen sinn- und pointenfrei, sondern auch noch lähmend textlastig. Den Witz muss man mit der Zeitlupe suchen und findet ihn dann auch nur in Spurenelementen. Da kann auch die teils animierte Musik nicht viel ausrichten.

Eine achtköpfige Kombo unter Leitung von Roland Fister versuchte, Korngolds süffigen Gesangston mit seinem Bemühen um peppigere Ensembles zu verbinden. Aber die langen Dialogstrecken lassen die Musiknummern wie Frendkörper wirken. Vor allem hätte es auf der Bühne nach einer frecheren und ideenreicheren Choreografie verlangt. Was hätte man in der Boutique mit Puppen und Kleidern spielen können! Am Ende liefe es auf eine harmlose Modenschau hinaus. . .

Eine Ehrenrettung für das Stück? Die gelang nicht wirklich. Die deutsche Erstaufführung 1954 Dortmund erwies sich als Rohrkrepierer und die Wiedervorlage 2007 im Münchener Haus der Kunst als Strohfeuer, dessen letzte Glut bis Oberfranken reichte. Coburg kann mehr, will mehr können und traut sich deshalb an den "Parsifal" (Premiere am 9. April). Bis dahin hat man die absurde Serenade hoffentlich vergessen. . .

Aufführungen: 4., 19., 21. und 26. April, 5. Mai; Karten. Tel. 0 95 61 / 89 89 89.

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