Außenseiter unter sich

12.6.2012, 00:00 Uhr
Außenseiter unter sich

© Theater

Tschick heißt eigentlich Andrej Tschichatschow und ist einer der Außenseiter, die es irgendwie aus den Ausländervierteln ins Gymnasium schaffen. Eher zufällig wird er mit Maik Klingenberg, einem Söhnchen aus besserem Hause, zum schrägen Duo. Maik hat zwar alles, was man kaufen kann, aber seine Mutter ist auf Entziehungskur, während Papa mit der Sekretärin verreist. Soweit, so trüb die Aussichten.

Wolfgang Herrndorf, der in Nürnberg einmal Kunst studiert und auch für die Titanic gezeichnet hat, ist mit dem schmalen Roman ein Überraschungs-Erfolg gelungen. Wie sich diese zwei aus unterschiedlichen Gründen zu Außenseitern gewordenen 14-Jährigen zusammenraufen und ein schräges Roadmovie im geklauten Auto erleben, ist witzig und zugleich traurig, tiefgründig und dennoch in plakativen Szenen erzählt. Es ist rasant in der Perspektive von Maik geschrieben und voller guter Dialoge. Das war wohl auch der Grund, warum es bald eine Bühnenversion gab.

2011 fand die Uraufführung in Dresden statt, seitdem steht das Stück auf zahlreichen Spielplänen in ganz Deutschland. Thomas Stang, hier vor allem als Schauspieler beim Theater Mummpitz bekannt, hatte sich gleich, nachdem der Roman erschienen war, mit dem Gostner Hoftheater geeinigt, dass er „Tschick“ als Stück inszenieren wird. „Ich fand schon beim Lesen des Romans die Dialoge unglaublich gut und die Charaktere scharf gezeichnet. Und die Geschichte spricht sowohl Erwachsene als auch Jugendliche an, das hat mich gereizt“, erzählt der Regie-Debütant. Er will kein Jugendstück zeigen, „Herrndorf verzichtet auch auf Jugendsprache oder Standards wie Handys“, betont er. Vielmehr stehe der harten Realität die Poesie der Ausreißergeschichte gegenüber.

„Es ist wahnsinnig angenehm, einen fertigen Text vor sich zu haben“, sagt Stang, der bei Mummpitz mit den Kollegen die Stücke meistens selbst erst entwickelt. Doch die offizielle „Tschick“-Bühnenfassung von Robert Koall hat er um etliche Erzählpassagen gekürzt. Was Maik und Tschick auf ihrer abenteuerlichen Fahrt in die „Walachei“ erleben, will er lieber szenisch darstellen. Authentisch sollte es aber bei der Besetzung zugehen: „Für Tschick hatte ich mit einen Schauspieler mit nichtdeutscher Abstammung gewünscht. Das hat geklappt. Neben Boris Keil und David Schirmer steht zudem als Musiker Vadim Samarsky auf der Bühne, der ebenfalls Erfahrung mit dem Leben als Einwanderer in Deutschland hat und im Gostner außerdem für Licht und Ton zuständig ist. Als einzige weitere Charaktere treten Patricia Litten und Kathrin Griesser in einem eingespielten Video auf. „Mehr würde von den beiden Hauptfiguren ablenken“, meint Stang. Ab Mittwoch, 20. Juni, kann man seine Version von „Tschick“ live sehen.

Gostner Hoftheater, Austraße 70, Tel. 0911/ 261510.
 

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