Batucada Sound Machine ist pure "Energie"

19.8.2011, 22:10 Uhr
Batucada Sound Machine ist pure

© PR BSM

War es euch bewusst, dass ihr die Nacht in einem früheren Bordell verbracht habt? An welchen anderen interessanten oder seltsamen Orten hattet ihr noch Interviews?

Richard: Das überrascht uns nicht wirklich (lacht). Wir hatten eine Dusche mitten im Zimmer, wo dich jeder sehen konnte. Das erklärt einiges! Wenigstens haben sie die Spiegel entfernt und die Tanzstange (lacht). Seit wir unterwegs sind, hatten wir eigentlich kaum Interviews. Und unsere Unterkünfte waren nicht sonderlich aufregend.

Darryn: Ja, dieses Jahr hatten wir bisher immer Glück mit den Übernachtungen. Letztes Jahr in Amsterdam war es einfach nur … eklig … und gefährlich, im Hotel. Die meiste Zeit verbrachten wir 2010 in Deutschland und da hatten wir, wie gesagt immer eine tolle Zeit. Naja, wenn der Promoter das Hotel bucht, dann ist es okay. Aber wenn wir es aussuchen, dann landen wir hier (lacht).

Seid ihr letztes Jahr auf Tour gewesen und wo habt ihr gespielt?

Henrique: Letztes Jahr haben wir in vielen anderen Ländern gespielt, in denen wir dieses Mal nicht unterwegs waren, wie Portugal, Spanien oder Niederlande. Ein Gig in den Niederlanden ist leider im letzten Moment abgesagt worden.

Richard: In Deutschland waren wir vergangenes Jahr ebenfalls. Aber nicht so lange wie dieses Mal; wir haben wirklich ein gutes Stück mitbekommen auf unseren knapp zwei Wochen im Land.

Wie war die Tour 2010? Hattet ihr da mehr freie Tage als dieses Mal?

Henrique: Am Anfang hatten wir schon etwas mehr frei. Zuerst in Portugal und dann in Spanien, da war zwischendurch immer etwas Luft. Wir haben auf dem Ollin Khan Festival gespielt, das war entspannt. Danach war es stressig.

Richard: Es war ein ziemlich luxuriöser Start. Wir waren damals in diesen wunderschönen kleinen Städtchen in der Nähe von Porto. Aber 2011 ging es gleich los in Großbritannien. Da hatten wir etwas Pech mit dem Wetter, wie man auf unserem Videolog sieht. Aber hier hatten wir mehr oder weniger Glück.

Wie würdet ihr euch selbst als Band beschreiben, bzw. wo ordnet ihr eure Musik ein?

Richard: Wir sind … wir können uns eigentlich nie wirklich entscheiden. Diese Diskussion haben wir immer wieder untereinander, wie man es definieren könnte. Es ist einfach ein hin und her. Ich glaube, das Wort „Fusion“ (Rockjazz mit Funk) kam in letzter Zeit immer wieder auf. Einmal wurden wir als Volksmusikgruppe vorgestellt, was ziemlich daneben war.

Darryn: Die ist Sache die, dass wir originelle, einfallsreiche Musik spielen. Wenn du diese Art von Musik schreibst, dann ist es schwierig ihr ein Label zu verpassen. Und Künstler mögen es eigentlich auch nicht der Musik einen Stempel aufzudrücken, sie in eine Schublade zu stecken. Unsere Art wird meist als „world music“ bezeichnet. Es ist auch so, dass es ein ziemlich globaler Sound ist, weil wir so viele unterschiedliche Einflüsse verarbeiten. Samba, kubanische Elemente, Rhythm, Funk, Hip Hop, Soul, Reggae, Rock, Afrobeat, Dub … Am Ende kann jeder selbst entscheiden, wenn er zum Konzert kommt (lacht). Unsere Basis ist dabei der brasilianische Stil mit den Trommeln und darauf setzen wir noch unser eigenes Ding.

Batucada Sound Machine ist pure

© Vitali Malsam

Paaka: Vor einigen Tagen traf ich jemanden in Antwerpen und er sagte zu mir: „Wenn ‚Energy‘ ein Genre wäre, dann wäre es genau das, was ihr mit eurer Band spielt!“

Wie kam es, dass ihr euch für diesen Stil entschieden habt? Was war die Inspiration?

Richard: Das war nicht meine Entscheidung. Ich bin hier einfach nur reingestolpert (lacht). Am Besten erzählen wir dir von James Hughes, der Organisator und Gründer der Band.

Henrique: Er lebte drei Jahre lang in Argentinien, dann eine Zeit lang in Kuba und in Brasilien. Dort hat er viel von der südamerikanischen Kultur, der Musik und der Lebensweise mitgenommen und es regelrecht absorbiert.

Darryn: James ist ein  Perkussionist, ein Trommler. Ich traf ihn gerade als es mit Batucada Sound Machine los ging. Da wir beide ziemlich verrückte Rhythmiker sind, haben wir öfter gemeinsam Jam Sessions gemacht. Zu dieser Zeit kam der Stil gerade in Neuseeland auf und James organisierte regelmäßig Konzerte, mit zu Spitzenzeiten bis zu zehn Trommlern. Irgendwann kamen Blasmusiker dazu, Hip Hopper waren interessiert, Gitarristen und Sänger. Wir sind recht organisch gewachsen, wenn man es so sagen kann.

Was war eure beste Erfahrung in Verbindung mit Musik?

Darryn: Wenn die Menschen anfangen zu tanzen und Spaß zu haben. Das ist für mich das absolut Größte. Ich glaube auch, dass wir von einer Kultur zur anderen wechseln können und die Leute trotzdem immer gleich dabei sind, hüpfen und tanzen.

Richard: Für mich ist das tollste einfach diese Art von Musik zu spielen. Eigentlich habe ich mit den Richtungen „Rhythm“, „Samba“ und dieser Art von Melodien nicht viel am Hut. Hier habe ich die Möglichkeit meine Gitarrenklänge noch oben drauf zu setzen, das ist wirklich einmalig für mich. Ich kann auch nie sagen, welches Konzert das Beste war, das wir gespielt haben. Da kann man keines herausgreifen.

Ihr habt gerade davon gesprochen, dass eure Musik in vielen Kulturen ankommt. Ist es dennoch in einem Land schwieriger die Leute zum Tanzen zu bringen als in einem anderen?

Paaka: Ich denke schon, dass es da Unterschiede gibt. Wir waren in der Schweiz zum Nationalfeiertag und es waren etwa 2.000 Menschen da. Jeder war von Anfang an voll dabei, ganz nah an der Bühne und alle haben gleich getanzt. Vermutlich haben 50 Prozent des Publikums nicht verstanden, was wir da gesungen haben, aber die Atmosphäre war einfach der Wahnsinn. Am nächsten Tag haben wir in Antwerpen gespielt und die Reaktion war nicht die Gleiche. Die Zuschauer setzten sich hin und haben sich unterhalten während wir auf der Bühne waren.

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Darryn: Darf ich ehrlich sein mit den deutschen Zuschauern? Sie sind zwar nicht die Ersten, die sich zur Musik bewegen, aber sobald sie sich darauf einlassen, die Texte beginnen zu verstehen, dann sind sie wirklich ein tolles Publikum. Wir machen oft die Erfahrung, dass jemand nach dem Auftritt zu uns kommt und sagt: „Die Menschen in Deutschland springen üblicherweise nicht so schnell auf und tanzen.“

Richard: Die Zurückhaltung kommt vielleicht davon, dass die Leute uns überhaupt nicht kennen. Zum Schluss gewinnen wir das Publikum jedoch für uns und das ist wirklich schmeichelhaft. Für uns ist es auch ziemlich seltsam an einem Abend vor fast 10.000 Menschen (Bardenfestival) zu spielen und am nächsten dann vor knapp 50. Es hat aber auch etwas Gutes. Wir müssen vor 50 Leuten genauso alles geben wie vor 10.000 und dürfen im Gegenzug auch nicht nachlassen. Das haben wir bis jetzt super hingekriegt.

Henrique: Eine Sache, die mir immer wieder auffällt wenn wir in Deutschland spielen ist, dass wir so viele Rückmeldungen bekommen. Oft gleich nach dem Auftritt oder auf Facebook, immer positiv und unterstützend.

Mir ist aufgefallen, dass ihr ziemlich viel auf Tour seid, was euch wohl eher zu einer Festival-Band macht. Gibt es einen Grund, warum ihr diese Auftritte den Clubs vorzieht?

Darryn: Ganz simpel. Wir sind eine große Band und spielen klasse auf großen Bühnen vor vielen Menschen (lacht).

Richard: Ich glaube nicht, dass es da eine Vorliebe gibt. Wir nehmen einfach was kommt. Auftritte bei Festivals buchen wir konkret. Club-Konzerte werden fast nebenbei ausgemacht, wenn wir zwischen zwei Festivals Zeit dafür haben. Es ist auch klasse hier in Clubs zu spielen, alles läuft sehr professionell und die Musiker werden respektvoll behandelt. Eigentlich würden uns gerne einen Namen in Deutschland machen (lacht).

Wie bereitet ihr euch hinter der Bühne auf einen Auftritt vor?

Henrique: Wir müssen ziemlich konzentriert sein für unseren Auftritt und es ist sehr leicht in diesem Moment abgelenkt zu werden. Kurz bevor wir rausgehen, kommen wir nochmal alle zusammen.

Paaka: Die vier Sänger wärmen ihre Stimmen auf, gehen nochmal durch unsere Lieder und die Reihenfolge. Was machen wir noch?

Richard: Als Team bilden wir einen Kreis und legen unsere Arme übereinander. In diesem Moment gehen wir kurz in uns, machen uns Mut und dann sagt einer „Batucada!“ und die anderen rufen „Ey!“ und es geht los. Das alles hilft uns dabei, uns zu konzentrieren.

Wie ist es mit so einer großen Gruppe auf Tour zu sein?

Richard: Es ist großartig. Als hätte man die ganze Familie dabei, eine sehr große Familie.

Darryn: Das Beste an großen Bands ist: Wenn dir einer deiner Brüder auf die Nerven geht, dann gehst du einfach zu einem anderen. Wenn man nur zu viert oder fünft ist, dann wird es schon schwieriger sich aus dem Weg zu gehen.
Paaka: Auf dieser Tour hat auch jeder eine Aufgabe. Wir haben das Frühstücks-Personal, die besorgen das Essen, wir haben Zimmer-Beauftragte die uns verteilen und die Unterkunft suchen, einer kümmert sich um das GPS und hilft dem Fahrer, der nebenbei bemerkt ziemlich kurze Hosen an hat (lacht).

Batucada Sound Machine ist pure

© Vitali Malsam

Wie viele Auftritte hattet ihr bis jetzt? Freut ihr euch auf ein wenig Freizeit zuhause in Neuseeland?

Richard: Wir hatten gerade elf Konzerte in Folge, über 20 insgesamt. Wenn wir in Neuseeland sind, dann geht es zurück an die Arbeit. Nicht alle sind Vollzeitmusiker. Finn und Oliver dagegen unterrichten neben den Auftritten noch Trompete und Posaune.

Paaka: Ich freue mich wieder heim zu kommen, denn ich habe ein Sohn. Er kam auf die Welt, als wir gerade zu Beginn unserer Europa-Tour in Oxford waren. Vielleicht macht ihn das ja klüger (lacht). Oxford ist eigentlich gar kein so schlechter Name.

Ich habe gelesen, dass ihr gerade an eurem dritten Album arbeitet. Was können die Fans erwarten? Wird es Live-Aufnahmen geben?

Darryn: Wir sind gerade mittendrin und haben auch eine Menge Ideen für neue Lieder. Darunter auch die Idee eine Live-Version auf dem Album zu haben. Nächstes Jahr kommt die neue Platte vermutlich heraus. Vielleicht finden wir auch ein paar tolle deutsche DJs oder Produzenten die mit uns Remixes aufnehmen, das wäre super. Die neuen Songs haben auch einen reiferen Klang, der sich über die letzten Jahre immer weiterentwickelt hat. Selbst wenn man das erste Album mit dem zweiten vergleicht, dann klingt das Erste wie ein Teenager.

Richard: Unser zweites Album, ‚Don’t keep silent‘, hat deutlich ausgefeiltere Klänge und Texte als „Rhythm and Rhymes“. Das liegt größtenteils daran, dass ersteres in Jam Sessions entstand während wir uns beim zweiten hingesetzt haben und lange an der Musik und den Texten überlegt haben. Auf dem dritten Album schreiben wir dann nur Texte über unsere Träume (lacht).

 

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