Beethoven im Sauseschritt

13.5.2018, 19:13 Uhr

Knapp zehn Minuten dauert Henryk Goreckis Klavierkonzert. Berühmt ist der polnische Komponist zwar mit seiner 3. Symphonie geworden, die vor Jahrzehnten viel gespielt wurde. Aber wenn man mit der polnischen Pianistin Ewa Kupiec schon jemanden hat, der so einen Reißer (mit E-Noten-Reader) spielen kann, wird das Konzert op. 40 mit Streichorchester ein hinreißender Sturmlauf aus Minimal-Music-Zeiten: viel Applaus für Kupiecs Kraftakt.

Eigentlich ist die elegante Professorin aus Hannover als Chopin-Spezialistin bekannt. In Nürnberg gab es jetzt das Konzert Nr. 2 – mit dem bulgarischen Begleiter Boian Videnoff. Der hat in Mannheim die Philharmoniker gegründet und war mit denen sogar schon in die Elbphilharmonie eingeladen. Jetzt begann er das Chopin-Konzert eher konventionell und ohne viel Kontur in unverbindlichem Geschwindschritt.

Chopin mit viel Herzblut

So etwas blieb aber Nebensache angesichts der schließlich vollkommen überzeugenden Chopin-Interpretation von Ewa Kupiec. Man spürt, dass sie dieses Glanzstück ihres Repertoires mit einer austarierten Mischung von melancholischen und leidenschaftlichen Zügen spielt. Besonders aber mit viel Herzblut, wenn sie den ersten Satz wie ein großes Accellerando auftürmt, das durch poetische Passagen vertieft wird.

Da mischen sich gegenüber dem massiv klingenden Orchester technische Perfektion und absolute Authentizität, und man kommt ins Grübeln, ob mit dem Larghetto tatsächlich nur eine verehrte Gesangsschülerin angehimmelt wird. Oder ob Chopin nicht vielleicht doch seine geteilte, besetzte Heimat und deren Schicksal in Noten umgesetzt hat.

Kupiec spielt den Satz stellenweise wie eine flammende Freiheitsrede unter glitzernden Sternen, als Tragödie in tief empfundenen Tönen und mit höchster Überzeugungskraft. Dieser Facettenreichtum mündet in ein Schwindel erregendes Finale – höchstens da mag Kupiecs eigener Anspruch die formende Kraft übersteigen. Ansonsten: absolut perfekt.

Beethovens 8. Symphonie passte nicht schlecht in dieses Konzept. Die Nürnberger Symphoniker haben sie sicher schon inspirierter, differenzierter gespielt als unter Videnoff. Denn der mag’s hauptsächlich schmissig, schnell und in Einheits-Lautstärke. Darüber hatte man dann schon ein bisschen die "Miniatures Symphoniques" des Ernst von Dohnanyi vergessen, serenadenhaft schillernde Orchesterunterhaltung vom Anfang der Dreißiger Jahre.

Keinesfalls aber die Ehrung und Verabschiedung von Herbert Coerper. 36 Jahre lang war er erster Vorstand und Verwaltungsrat des Fränkischen Landesorchesters e. V. In seiner Ägide hatte er die Verdopplung des Konzertangebots, die Einrichtung des Serenadenhofs und den Bau des Kongresshallen-Musiksaals mit zu verantworten.

ZBeginn der Serenadenhofkonzerte am 8. und 10. Juni: "Sachertorte, Olé!"; Karten: Telefon 09 11 / 4 74 01 54.

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