Begegnung mit Fabelwesen

26.9.2016, 12:22 Uhr
Begegnung mit Fabelwesen

© Foto: Hans-Joachim Winckler

„Mich interessiert die Dynamik zwischen Paaren“, sagt Ford, die schwarzhumorige „Puppenmacherin“ mit dem Händchen für Textilien — aus denen sie über den Stahlgestellen ihre Figuren erschafft — und dem feinen Gespür für subtilen Horror, der vielleicht daher rührt, dass sie aus einer Schaustellerfamilie stammt. Denn brave Mädchen, starke Helden oder drollige Schmusetiere sind ihre Geschöpfe nur auf den ersten Blick.

Kasperl beispielsweise hat Gretel fest im Arm, man könnte auch sagen im Schwitzkasten. Er trägt einen Boxhandschuh, sie einen mit etwas Schwerem gefüllten Stoffsack, den sie, so scheint es, abwartend in der Hand hält und jederzeit in seine Richtung schleudern kann. Viele von Fords Lumpenpuppen vermitteln diese seltsame, faszinierend widersprüchliche Anmutung aus Harmonie und Bedrohlichkeit, Vertrautheit und Fremdheit, Melancholie und Humor, Verspieltheit und bitterem Ernst.

Sprichwörter, Märchen, Kinderreime und -serien spielen thematisch eine große Rolle in ihren Arbeiten, aber eben auch soziale und gesellschaftliche Beziehungen. Mit den in Bronze gegossenen Lumpensammler-Eichhörnchen spielt sie auf Obdachlosigkeit und Verelendung an, der ponygroße schwarze Hahn und seine bewaffnete verschleierte Begleiterin, die dem Besucher gleich am Eingang entgegentreten, lassen an historische Kreuzzüge ebenso denken wie an Glaubenskriegerinnen des IS. Angezogen und irritiert zugleich, schmeißt der Betrachter unweigerlich die Interpretationsmaschinerie an, ersinnt Geschichten zu diesen doch immer auch dämonischen Zwitter-Paaren.

Kunstgalerie Fürth, Königsplatz 1: „Laura Ford — Sculptures and Drawings“, bis 6. November, Mi.-Sa. 13-18, So. 11-13 Uhr.

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