Bei diesem Künstler ist die Luft noch lange nicht raus

18.2.2018, 19:17 Uhr
Bei diesem Künstler ist die Luft noch lange nicht raus

© Foto: Nathalie Riegauf

Ohne Zweifel: Dieser Wilhelm Koch muss das Geheimnis der sieben Leben in sich bergen. Nicht, dass er wie eine Katze wirken würde. Beileibe nein. Aber wenn man ihn so bei der Auflistung seiner zahlreichen Aktivitäten zuhört, kommt man doch ins Grübeln, ob der Tag dieses Oberpfälzers wirklich nur 24 Stunden hat.

Viele verbinden mit Koch natürlich jene Initiative, die Amberg seit 2010 den in Europa bislang einmaligen Titel als "Luftkunstort" einbrachte. Der Ideengeber (und ehrenamtliche Direktor) des mitten in der Altstadt an der Vils gelegenen Luftmuseums wirkt aber nicht nur als Kurator für den künstlerischen Inhalt der Sammlung oder Organisator einer hochkarätig besetzten Architekten-Vortragsreihe, sondern auch als Erfinder der Amberger "Luftnacht", in der die gesamte Innenstadt bespielt wird (in diesem Jahr am 8. September).

Europa-Tempel in Etsdorf

Der künstlerische Umgang mit Luft ist das eine große Thema bei Wilhelm Koch. Das andere: 2500 Jahre Demokratie und der europäische Gedanke. Immer noch stehen in Etsdorf (Gemeinde Freudenberg) 11 000 Quadratmeter für jenen Europa-Tempel bereit, den Koch dort nach antikem Vorbild errichten möchte.

"Wir müssen die Demokratie nicht nur weiterentwickeln, sondern überhaupt am Leben erhalten", sagt Koch angesichts der rasant wachsenden populistischen Bewegungen mit ihrem autoritären Staatsverständnis in Europa. Die Konzeption hat sich allerdings in jüngster Zeit gewandelt. Vor allem, weil sich  die Lösung, die ehemalige Turnhalle als "Tempel-Museum" zu nutzen, bewährt hat. Ein Ort genauso für Ausstellungen wie für Veranstaltungen aller Art von Kabarettabenden bis zu Konzerten.

Für die Glyptothek, also den kommenden Tempelbau auf freiem Feld, hat der Architekt Peter Haimerl nun ein neues Konzept entwickelt, das er am 6. Mai vor Ort vorstellen möchte. "Ich denke, der Tempel wird keinen Innenraum mehr bekommen, aber Europa als kreativen Kontinent dennoch erfahrbar machen." Haimerl hat übrigens Erfahrungen mit Kulturbauten in der Provinz: Vom Münchner Architekten stammt auch der Entwurf für das viel gelobte Konzerthaus in Blaibach (Landkreis Cham).

Marathon zum Laufen und Fahren

Als feste Größe im Etsdorfer Jahreskreis hat sich der "Tempel-Marathon" etabliert. Er findet jeweils am "Tag der deutschen Einheit" (3. Oktober) statt und kann nicht nur laufend, sondern auch mit dem Fahrrad bewältigt werden.

Ach so, einen Brotberuf hat Wilhelm Koch natürlich auch. Ganz in der Nähe des Amberger Marktplatzes betreibt er ein Graphikbüro und einen kleinen Verlag, der sich auf die Themen Architektur, Fotografie und Mundart spezialisiert hat. Aber natürlich finden sich auch Literarisches und Sachbücher im Katalog. Neuerdings zeichnet man auch für das Amberger Stadtmagazin verantwortlich.

Im Verlagsprogramm schlägt sich das nieder, was Kochs Kunst bei allem künstlerischen Anspruch eben auch prägt: Ein ausgeprägter Sinn für Humor und das Humoristische. So hat er eben einen herrlichen Fotoband mit Obstaufklebern herausgegeben, die aus der Sammlung des Dialektautors Eugen Oker stammen.

Als Mitglied einer Münchner Künstlergruppe ist Koch auch an einem Kunst-Wohnprojekt in Basel beteiligt. "Ich fahre jetzt eigentlich die Ernte meines Netzwerks ein", meint der 57-Jährige, der zunächst Kommunikationsdesign in Würzburg studierte und dann drei Jahre an die Akademie der Bildenden Künste nach München ging. Anschließend absolvierte er noch ein Kunststudium an der Städelschule in Frankfurt/Main.

Mittlerweile hat sich Koch international einen so guten Ruf erarbeitet, dass bereits Künstler aus China und Japan oder aus Südamerika von sich aus auf ihn zukommen. "Da ist die Erfindung des Internets und des E-Mail-Verkehrs wahrlich ein Segen", findet der Künstler.

Distanz der Regensburger

Im Luftmuseum kann er jährlich zwischen 10 000 und 11 000 Gäste begrüßen, etwa so viele wie in der Nürnberger Kunsthalle. "Viele finden mittlerweile aus Nürnberg und deren unmittelbarer Umgebung zu uns. Die Regensburger sind da zögerlicher. Für die bleiben wir die Deppen aus der Provinz", schmunzelt Koch.

Er selbst – wer wollte es ihm verdenken — findet vergleichsweise selten den Weg in andere Regionen. Dafür hat er einfach Zuhause, wo er bekannt ist wie ein bunter Hund, zu viel um die Ohren. Immerhin schaffte er es neulich erstmals nach Jahren wieder ins Theater nach Nürnberg, um sich Goyo Monteros Ballett "Dürer’s Dog" anzusehen. Sein Urteil? "Da braucht sich Nürnberg wahrlich nicht vor München verstecken."

www.luftmuseum.de

www.koch-studio.com

www.tempel-museum.de

www.tempel-marathon.de

www.buero-wilhelm.de/verlag

www.freie-klasse-muenchen.de

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