Berlinale: Erster deutscher Film geht ins Rennen

18.2.2018, 14:19 Uhr
Paula Beer und Franz Rogowski in spielen in "Transit" zwei Menschen auf der Flucht.

© Marco Krüger/dpa Paula Beer und Franz Rogowski in spielen in "Transit" zwei Menschen auf der Flucht.

Der Regisseur versetzt den gleichnamigen, autobiografisch geprägten Roman von Anna Seghers (1900-1983) auf kunstvolle Weise in das Marseille der Gegenwart. Zum politischen Aspekt sagte Petzold am Samstag bei dem Berliner Filmfestival: "Geprägt von Schicksalen wie dem von Anna Seghers haben die Gründer der Bundesrepublik einen Asylparagrafen ins Grundgesetz aufgenommen. Der wird heute beschnitten. Und ich finde, dass das nicht geht."

Emigrantenschicksale vor aktueller Kulisse

"Transit" gilt als Schlüsselroman zum Schicksal der deutschen Emigranten in der NS-Zeit. Petzold verbindet dabei wie in früheren Werken persönliche Schicksale mit dem Weltgeschehen. Im Mittelpunkt steht der deutsche Flüchtling Georg (Rogowski), der vor den deutschen Truppen im letzten Moment von Paris nach Marseille entkommt und dort auf die auf eine Ausreise wartenden Emigranten trifft. Georg schlüpft in die Identität eines Toten und lernt so Marie (Paula Beer) kennen, die ebenfalls auf der Flucht ist und auf ein Visum nach Mexiko hofft.

Die Emigrantenschicksale spielen sich im heutigen Marseille ab. Vergangenheit und Gegenwart fließen ineinander. Der Bezug zu den Flüchtlingen, die heute über das Mittelmeer nach Europa kommen, liegt auf der Hand. Ob "Transit" dank seines charismatischen Hauptdarstellers Franz Rogowski und des aktuellen Themas so gut ankommt wie Petzolds DDR-Drama "Barbara", wird sich zeigen.

Petzold (57) war bereits mehrfach im Berlinale-Wettbewerb vertreten, der mit der Eröffnungsfeier am Donnerstag gestartet ist. Mit "Barbara" gewann er 2012 den Silbernen Bär für die beste Regie. Neben "Transit" sind noch drei weitere deutsche Filme in der Festivalkonkurrenz. Als nächstes geht es am Montag in "3 Tage in Quiberon" um Romy Schneider.

Isabelle Huppert mimt eine Edelprostituierte

Auch ein russischer Beitrag startete im Wettbewerb. "Dovlatov" von Alexey German jr. ist anspruchsvolle Kost. Der stilistisch eigenwillige und von vielen Dialogen geprägte Film schildert Stationen aus dem Leben des in der Breschnew-Ära in der Sowjetunion verbotenen Schriftstellers Sergei Dovlatov (1941-1990).

Dritter Wettbewerbsbeitrag am Samstag war der französische Film "Eva" von Regisseur Benoit Jacquot. Isabelle Huppert ("Elle") spielt in der Romanadaption eine Edelprostituierte, die einen betrügerischen Schriftsteller in eine emotionale Gefangenschaft und schließlich in die Katastrophe treibt.

"Zunächst scheint es, als sei diese Frau einfach eine Femme fatale", sagte die französische Star-Schauspielerin (64) am Samstag. "Aber es ist ein sehr moderner Charakter. Sie ist ungewöhnlich und mysteriös, aber auch sehr praktisch und steht mit beiden Beinen in der Welt." Zu der Debatte um Missbrauch in der Filmbranche sagte Huppert, sie habe die Bewegung in den USA von Anfang an mit viel Sympathie und Hoffnung aufgenommen. "Ich bin sehr glücklich, dass jetzt einige Dinge endlich mal gesagt werden und ich glaube, dass diese Sache auch nicht mehr zurückzudrehen ist."

Porträt des späten Oscar Wilde

Und noch ein Schriftstellerporträt: In der Reihe "Berlinale Special", also nicht im Bären-Rennen, ist der britische Schauspieler und Regisseur Rupert Everett mit seinem Drama "The Happy Prince" dabei. Er spielt darin selbst den späten Dandy und Lebemann Oscar Wilde (1854-1900). Der 58-Jährige beleuchtet die letzten Jahre des wegen seiner Homosexualität viel geächteten irischen Dichters.

Die mit deutscher finanzieller Beteiligung realisierte internationale Gemeinschaftsproduktion zeigt Wilde als kreativen und selbstzerstörerischen Charakter. Dazu sagte Everett: "Ich glaube, das Wichtige an Oscar Wilde ist das, was er selbst in eine Frage gekleidet hat: 'Warum ist das Ruinöse immer so faszinierend?' Das ist es: Er hat sich stets in Gefahr begeben. Er hat sich geopfert, um unsterblich zu werden. Ich finde es faszinierend, mich damit auseinanderzusetzen."

Wildes Frau Constance wird von Emily Watson dargestellt. "The Happy Prince" reiht sich in die Reihe der Berlinale-Filme mit starken, spannenden Frauenfiguren ein. Insgesamt sind bei dem Festival bis zum kommenden Wochenende 385 Filme aus 78 Ländern zu sehen. 19 Titel bewerben sich um den Goldenen und die Silbernen Bären. Die Auszeichnungen werden am 24. Februar vergeben.

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