"Blackmore’s Night": Feierlich auf der Eiswiese

20.8.2017, 16:55 Uhr

© Hans von Draminski

Rothenburg zähle zu ihren Lieblingsstädten in Deutschland, sagt die amerikanische Sängerin Candice Night. Deshalb suchten sie und ihr Ehegespons Ritchie Blackmore sich das Städtchen im Landkreis Ansbach auch aus, um das 20-jährige Bestehen des gemeinsamen Projekts "Blackmore’s Night" zu zelebrieren und in diesem Rahmen auch die Sommertournee durch Deutschland zu beschließen – auf der "Sounds for Nature"-Bühne des Taubertal-Festivals, das am Wochenende gut 10 000 Rockmusikfans auf die Eiswiese zu Füßen der historischen Altstadt zog.

Solche Menschenmassen mobilisieren Ritchie Blackmore und Candice Night mit ihrer gut aufgelegten Begleitband nicht – (zu) lange sind die "Deep Purple"-Zeiten des flinkfingerigen Gitarristen her. Zudem wendet sich "Blackmore’s Night" an eine deutlich differente Zielgruppe – mit sanften, balladesken, ohrwurmig simpel gestrickten Liedern, die auf Vorlagen aus der Renaissance und dem Mittelalter basieren und dem breiten Geschmack angepasst wurden.

Als "Blackmore’s Night" 1997 die ersten Konzerte gab, erwachte hierzulande gerade die Mittelalter-Rockszene: Schwermetaller entdeckten ihre Liebe zu akustischen Instrumenten vergangener Zeiten wie Schalmei und Dudelsack und ließen es damit gnadenlos krachen, was durchaus dem Ideal fahrender Spielleute entspricht.

"Blackmore’s Night" wollte dagegen wohl nie Wände zum Wackeln bringen, auch wenn alte "Deep Purple"-Nummern, gerne als Zugaben serviert, bis heute zum Repertoire zählen. Eher verstehen sich Ritchie Blackmore und Candice Night aber als Erzähler musikalischer Gute-Nacht-Geschichten mit Wohlfühl-Garantie, die niemandem in den Gehörgängen oder anderswo weh tun und die Zuhörer in eine andere Dimension entführen, wie dies ein guter Fantasyfilm vermag.

Historische Genauigkeit ist nicht das Ziel, bekannte und unbekannte Melodien aus Mittelalter, Renaissance und Frühbarock sind nur der Baukasten, aus dem Stücke mit unüberhörbarem Schlager-Tonfall entstehen, vergleichsweise schlicht gestrickt, aber immer anrührend.

Candice Night hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten zu einer präsenten Frontfrau mit Charisma entwickelt, der von ihrer Band jederzeit ein filigraner, purpurroter Herrschaftsteppich ausgebreitet wird, damit das seidene Gewand und die Schnürschuhe nicht schmutzig werden. Dass der Kitsch stets nahe ist, dass gegen Konzertende Erinnerungen an Auftritte der Kelly Famliy aufkommen, stört die entspannte Atmosphäre bei diesem herbstlichen Open-Air kein bisschen.

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