Brutale Morde in verschneiten Alpentälern

20.1.2019, 19:20 Uhr
Brutale Morde in verschneiten Alpentälern

© Foto: Sammy Hart / Wiedemann & Berg Television

Wiener Haudegen mit dunkler Vergangenheit trifft auf emsige deutsche Kollegin, in den verschneiten Alpen geht der Krampus um und der Täter ist nicht nur technisch versiert, sondern auch hochintelligent: Es sind viele Zutaten, die die acht Folgen von "Der Pass" zum kunstvollen Nervenkitzel machen.

Der Bezahlsender Sky hat das Format an der schwedisch-dänisch-deutschen Erfolgsserie "Die Brücke" angelehnt, wo grenzübergreifend Fälle geklärt wurden. Die Autoren und Regisseure Cyrill Boss und Philipp Stennert ("Die Dasslers") haben sich davon aber weit entfernt und in der verschneiten Berglandschaft zwischen Berchtesgaden und Bad Gastein einen bayerisch-österreichischen Mystery-Thriller gedreht, der vor allem mit Bildern und Schauspielern punktet.

Polterner Wiener, emsige Kommissarin

Das ungleiche Duo Julia Jentsch und Nicholas Ofczarek als Kommissare Elli Stocker und Gereon Winter trägt die Serie spielend. Sie ist die junge, ehrgeizige Kommissarin auf bayerischer Seite, die anfangs das Herz ziemlich naiv auf der Zunge trägt, mit der Dauer der Ermittlungen aber zunehmend die Anspannung spüren lässt und auf die Kollegen nicht viel Rücksicht nimmt. Er ist das polternde Wiener Urviech, das auf Höflichkeiten längst keinen Wert mehr legt, sich mit allem möglichen in Pulver- und Tropfenform aufputscht und Kontakte zur Halbwelt pflegt, die über die normale polizeiliche Zuwendung hinausgehen. Seine Heimat ist ein Beisl mit herrlich heruntergekommenem Ambiente, seine Musik Wolfgang Ambros — den die Kollegin nicht mal kennt.

Das Regie-Team macht von Anfang an klar, dass es mit konventioneller "Tatort"-Unterhaltung nicht zufrieden ist: Epische Bilder im fast schwarz-weißen Berg-Winter, witzige Anspielungen auf große Vorbilder wie "Psycho" gibt es in "Der Pass" haufenweise, dagegen verzichtet die Regie weitgehend auf klischeehafte Polizisten-Dialoge und zeigt auch mal eine Szene ganz ohne Stimmen, ohne dass man als Zuschauer Informationen vermissen würde. Zwischen den brutalen Morden kann man auch mal lachen.

Der Krampus war's

Der Titel der Serie bezieht sich nicht nur die Berghöhe, auf der die erste Leiche über einem Grenzstein kniet, seltsam drapiert mit einem Bündel Pferdehaar in den Händen. "Der Pass" meint auch die Gruppen von Nikolaus, Engel und Krampussen, die in der Gegend traditionell im Advent das Brauchtum pflegen und nicht nur Kinder erschrecken. Der Täter findet sich in der Mär vom gruseligen Bestrafer und Richter offenbar wieder, eine junge Frau, die seinen Mordversuch knapp überlebt hat, gibt Stocker und Winter den entscheidenden Hinweis auf die Maske.

Ein narzisstischer "Weltenretter", der in Audiobotschaften die "rote Jahreszeit" heraufbeschwört, wird allmählich immer näher identifiziert — ein Guru, der eine Gruppe von technikfeindlichen, naturverbundenen Menschen zum Kampf "gegen Hybris und Dekadenz" befehligt, gerät ins Visier. Doch es gibt noch andere Spuren.

Erniedrigte und Beleidigte

Der Plot hält von Anfang an mehrere Erzählstränge am Laufen, mit Andeutungen wird die Spannung gefüttert, und die Fäden sind so raffiniert versponnen, dass man als Zuschauer zwar mehr weiß als die Polizei, aber sich noch lange nicht die Lösung des Falles zusammenreimen kann.

Die Detektivarbeit ist auch längst nicht das einzige Thema der Serie: Eitelkeit in allen möglichen Berufsgruppen inklusive der Politik, Erniedrigung von Untergebenen, Schlepper-Kriminalität, die Rolle der klassischen und der sozialen Medien und der Gegensatz von Stadt und Land — das alles hat Platz, ohne dass es überfrachtet wirkt.

Ein durchweg tolles Ensemble und der Mut zum stellenweise auch langsamen Erzählen, die Musik, produziert von Hans Zimmer: Da passt alles. (Ab 25. Januar auf Sky).

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