Darum gab es beim Karnevals-"Tatort" nichts zu lachen

19.2.2017, 21:30 Uhr
Frohsinn? Gibt es auch an Karneval nicht im Kölner "Tatort".

© WDR/Thomas Kost Frohsinn? Gibt es auch an Karneval nicht im Kölner "Tatort".

Gut vier Wochen nach der Ausstrahlung des letzten Kölner "Tatorts" jagt Das Erste bereits den nächsten über den Sender. Porträtierte "Wacht am Rhein" ein paar wildgewordene Freizeit-Sheriffs, die auf stereotype Jungganoven aus Nordafrika prallten, und einen braunen Mob, der im feschen Freizeit-Look südländisch aussehende Zugezogene unter Generalverdacht stellte, knöpft sich "Tanzmariechen" die offenbar gar nicht mal so heile Welt des Frohsinns vor. Der Kölner Karneval liefert die Grundlage für diesen 69. Fall von Freddy Schenk (Dietmar Bär) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt).

Nun ist es ja so, dass die fünfte Jahreszeit im Frankenland weit weniger hohe Wogen der Begeisterung als im Rheinland auslöst. Dort gibt es das Karnevals-Gen quasi zu Geburt eingeimpft. Daher sieht womöglich der eine oder andere "Tatort"-Zuschauer außerhalb des karnevalistischen Epizentrums der Ausstrahlung von "Tanzmariechen" mit einer in Falten gelegten Stirn entgegen. Doch die Bedenken sind unbegründet. Die bunte, schrille Welt der Jecken bildet lediglich den Rahmen für diesen Krimi. Diverse Erläuterungen sorgen dafür, dass sich etwaige restliche Ungereimtheiten rasch in Luft auflösen. Schließlich sind Max und Freddy ausgewiesene Erklärbär-Profis. "Tanzmariechen" ist also nicht nur etwas für Frohsinns-Freunde.

Ärger bei den "Jecken Affen"

So lernen die Zuschauer - Max und Freddy natürlich auch - gleich zu Beginn den Karnevalsverein "De Jecke Aape" kennen. In der 1971 gegründeten Vereinigung ist die Stimmung kurz vor Auftakt der Session im Keller. Zwischen den beiden Tänzerinnen Saskia (Sinja Dieks) und Annika (Natalia Rudziewicz) kracht es. Ein erbitterter Konkurrenzkampf tobt um die Position des ersten Tanzmariechens.

Außerdem hat sich vor zwei Monaten Evelyn Pösel, ein sehr talentiertes Mitglied des Ensembles, von der Südbrücke in den Tod gestürzt. Sie war von den anderen gemobbt worden. Nun liegt noch die strenge, unbeliebte Tanztrainerin Elke Schetter (Katja Heinrich) erschlagen zwischen Motiv-Wagen in der vereinseigenen Lagerhalle. Eine echte Katastrophe für den machthungrigen Vereinschef Günther Kowatsch (Herbert Knaup). Der Bauunternehmer war gerade dabei, mit dem Bauer des Kölner Dreigestirns einen Fernsehauftritt in der Arena auszudealen. Weil Kowatsch ihm die Terrasse für lau gemacht hatte.

Da sich innerhalb der Truppe nur wenige grün sind, schubst Autor Jürgen Werner mit seinem Drehbuch gleich jede Menge potentielle Verdächtige auf den Radar der Kommissare. Außerdem blickt Werner mit seiner Geschichte rund um die "Jecken Affen" hinter die nur nach außen hin funkelnde Fassade des Karnevals. Es geht um Dauerstress, Konkurrenz und Leistungsdruck im Business und das in rauchigen Hinterzimmern stattfindende Geklüngel, das in Person von Vater Pösel angeprangert wird. Der leidenschaftliche Karnevalist steht für den einfachen Mann von der Straße. In dessen Leben gibt es nichts anderes als den Frohsinn während der fünften Jahreszeit. Pösel macht Leute wie Kowatsch für den Tod seiner Tochter verantwortlich. Er symbolisiert sozusagen einen karnevalistischen Wutbürger.

Freddy, bleib mal locker!

Wütend oder besser gesagt irritiert zeigt sich übrigens auch Hauptkommissar Schenk, als Assi Reisser (Patrick Abozen) Besuch vom Lebenspartner auf dem Revier erhält. Die beiden tauschen ein paar Küsse miteinander aus. Das passt dem Cop jedoch gar nicht in den Kram. Es folgen ein paar bedenkliche Aussagen des Kriminalers, die weder in das weltoffene Köln noch in unsere Zeit passen. Da selbst zwischen den Zeilen keinerlei subtiler Witz zu stecken scheint, bleibt die Frage, was das soll.

Aufgrund von Szenen wie diesen erreicht der zweite Karnevals-"Tatort" nach "Restrisiko" aus dem Jahr 1999 bestenfalls durchschnittliches Niveau. Weder Werner noch Regisseur Thomas Jauch - der übrigens nach "Ein Fuß kommt selten allein" seinen zweiten Tanz-"Tatort" abliefert - gelingt es, dem Film Leben einzuhauchen. "Tanzmariechen" verfranzt sich in ermüdenden Befragungsrunden und ausgelutschten Krimi-Dialogen.

Freddy fährt den Wagen vor. Max runzelt die Stirn. So schleppt sich der Tross mühsam dem erwartbaren Höhepunkt entgegen. Auf die branchenüblichen, überzeichneten Hauptverdächtigen, die nach einer Stunde Ermittlerarbeit scheinbar kurz vor dem Geständnis stehen, folgt schließlich gerade noch rechtzeitig vor dem Abspann die ebenso branchenübliche, bis dato kaum beachtete Person, die den Mord verübt hat. "Tanzmariechen" ist höchst belanglose Krimi-Kost. Mehr nicht. Da helfen auch die Konfetti nichts, die Freddy am Ende durch die Luft wirft.

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