Das Ding der Woche: "In den Gängen"

20.11.2018, 19:06 Uhr

Der erste Blick fällt auf einen leeren Parkplatz im Morgengrauen irgendwo im ostdeutschen Niemandsland, dann gleitet die Kamera an endlosen Regalen im spärlichen Neonlicht entlang, zoomt auf das Duett zweier sich kreuzender Gabelstapler, dazu erklingt Johann Strauß’ Donauwalzer – erst ganz leise, am Ende in voller Orchesterstärke.

So mitreißend und zugleich poetisch beginnt ein Film, der mitten hineinführt in die Arbeitswelt eines Großmarkts und diesen so unspektakulären Schauplatz mit Magie erfüllt. Dabei lassen Stuber und der Leipziger Autor Clemens Meyer, der mit einer Kurzgeschichte die Vorlage lieferte, keinen Zweifel daran, dass ihre Protagonisten zu den Abgehängten gehören, kaum qualifiziert und ausgebeutet. Doch im Fokus stehen, fern aller sentimentalen Klischees, die Anteilnahme und Warmherzigkeit unter der Belegschaft, für die der Supermarkt fast ein utopischer Ort ist, das einzige Zuhause, das sie haben. Und wie sich hier zwischen dem schüchternen, wortkargen Neuling Christian und der forschen, aber unglücklichen Marion aus der Süßwaren-Abteilung ganz vorsichtig eine Liebesgeschichte anbahnt, das gibt es so eigentlich gar nicht mehr im deutschen Film.

Bitter und komisch, berührend und niederschmetternd, ist "In den Gängen" ein leises Meisterwerk. Zu seiner ungeschönten Wahrhaftigkeit trägt dabei – neben den drei überragenden Hauptdarstellern (Franz Rogowski, Sandra Hüller und der Ausnahme-Schauspieler Peter Kurth) das komplette Ensemble bei. (good!movies)

Die Redakteure des NN-Feuilletons durchforsten regelmäßig die Riesenflut von Neuerscheinungen und Events und präsentieren einmal pro Woche ihr ganz persönliches Highlight - "Das Ding der Woche".

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