Das letzte Idyll des Alters in "Ewige Jugend"

29.11.2015, 07:53 Uhr
Michael Caine und Harvey Keitel (re.) sind alte Freunde.

© Foto: Wild Bunch Michael Caine und Harvey Keitel (re.) sind alte Freunde.

Sein Publikum entführt Sorrentino diesmal nicht nach Italien, sondern ins Schweizerische Davos, doch die Gesellschaft vor Ort ist wie üblich wieder dekadent und ein bisschen aus der Zeit gefallen. Dort wo auch Thomas Manns „Zauberberg“ spielte, gönnen sich zwei in Ehren ergraute Zausel - Michael Caine als gefeierter Dirigent Fred Ballinger und Harvey Keitel als nimmermüder Filmregisseur Mick Doyle - ein bisschen Erholung für Leib und Seele. Und weil bei einem Kur-Urlaub ja mehr die Behandlung als die Handlung im Mittelpunkt steht, passiert auch in „Ewige Jugend“ rein äußerlich nicht allzu viel. In Sachen Bildästhetik und erst recht im Innenleben der Protagonisten dafür umso mehr.

Während Dirigent und Komponist Ballinger im Ruhestand seine Ruhe haben will und sich selbst für ein Konzert vor der Queen nicht hinterm Ofen hervorlocken lässt, ist Doyle mit einer Handvoll Jungautoren unentwegt am Werkeln. Das Team arbeitet an einem Film mit dem bezeichnenden Titel „Life’s Last Day“, der das Vermächtnis des Hollywood-Veterans werden soll.

Mit Selbstironie, zynischem Witz und Wehmut lässt Sorrentino seine beiden - von Caine und Keitel wunderbar beherzt gespielten - Spitzbuben über die Dinge des Lebens, speziell des Alters philosophieren. Doch vor bitteren Erkenntnissen und Einsichten schützt auch die Abgeschiedenheit des Kurhauses nicht. Ballinger, der mit seiner Tochter und Assistentin Lena (Rachel Weisz) angereist ist, muss sich anhören, dass bei ihm die Familie zugunsten der Musik immer in der zweiten Reihe stand. Und Doyles Ruhm hat längst an Glanz verloren, was sich in einer starken Szene mit Jane Fonda als alternde Filmdiva offenbart. Auch die Erotik ist kein Grund mehr für Erregung, längst ist die bloße Betrachtung des Begehrten zum letzten Idyll geworden.

Mitten hinein in opulente, auf den Punkt gestylte Bilder und surreale Tableaus hat Sorrentino zudem ein buntes Panoptikum an eigenwilligen Gestalten erfunden. Im unaufgeregten Plot treten auf: ein tibetischer Mönch, ein Pop-Sternchen, eine Miss Universum, ein verkannter US-Schauspieler, eine junge Hure und - Diego Maradona. Sie alle können nicht verhehlen, dass hinter schönem Schein meist die Leere lauert. Dafür findet Sorrentino fantasievoll-melancholische, auch ungewohnt humorvolle Szenen. Fazit: Nicht aufregend, aber vergnüglich und vor allem schön anzusehen.

I/F/CH/GB/124 Min.; Cinecittà, Metropolis, Nürnberg; Lamm-Lichtspiele, Erlangen

 

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